Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Zum 1.1.2015 ist für Betriebsveranstaltungen eine Freibetragsregelung ertragsteuerrechtlich aufgenommen worden, die eine bisher nur auf Verwaltungsebene vorhandene Freigrenzenregelung ablöste. Die Finanzverwaltung nimmt sowohl zu den lohnsteuerrechtlichen wie auch zu den umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen Stellung. Dabei kommt es im Ergebnis zu keiner Änderung bei den umsatzsteuerrechtlichen Rechtsfolgen.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Zum 1.1.2015 ist in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG eine Freibetragsregelung für Betriebsveranstaltungen aufgenommen worden. Diese Freibetragsregelung ersetzte die bisher auf Verwaltungsebene vorhandene Freigrenzenregelung.
Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern, Jubiläumsfeiern). Der Teilnehmerkreis muss sich überwiegend aus Betriebsangehörigen und dessen Begleitpersonen zusammensetzen. Dazu gehören auch Leiharbeitnehmer oder Arbeitnehmer von anderen Konzernunternehmen.
Erhebliche Veränderungen hatten sich bei der Höhe der als angemessen anzusehenden Aufwendungen ergeben. Bis zum 31.12.2014 wurde von einem Betrag pro Arbeitnehmer von 110 EUR als Bruttobetrag ausgegangen (Freigrenze). Wurde dieser Betrag überschritten, führte dies bezüglich der gesamten Aufwendungen dazu, dass die Aufwendungen als unüblich angesehen wurden. Aufwendungen teilnehmender Ehepartner oder anderer Angehöriger waren früher nach der Auffassung der Finanzverwaltung anteilig dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. Der BFH war allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass eine anteilige Zurechnung nicht infrage kommen kann, sodass die Aufwendungen zur Prüfung der Freigrenze auf alle Teilnehmerinnen/Teilnehmer zu verteilen waren.
In Folge der Rechtsprechung des BFH ist mit Wirkung zum 1.1.2015 in § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine gesetzliche Regelung mit aufgenommen worden. Im Rahmen dieser Regelung ist insbesondere die 110 EUR-Grenze als Freibetrag ausgestaltet worden (insoweit ergibt sich eine Rechtsfolge nur für die über 110 EUR hinausgehenden Aufwendungen) sowie wieder eine anteilige Zurechnung auch für die Aufwendungen für die Begleitpersonen geregelt worden. Der Freibetrag ist ein Bruttobetrag, also einschließlich der Umsatzsteuer.
Nach der gesetzlichen Neuregelung zum 1.1.2015 in § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören zu den Zuwendungen i. S. der Regelung alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Außer Ansatz bleiben aber rechnerische Selbstkosten (Kosten der Buchhaltung, Abschreibungsbeträge eigener Räumlichkeiten etc.)
Führt der Unternehmer eine Betriebsveranstaltung durch, die im überwiegenden unternehmerischen Interesse durchgeführt wird, ist er aus allen damit zusammenhängenden Aufwendungen zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er nicht aufgrund seiner ansonsten ausgeführten Ausgangsleistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Eine Ausgangsleistung hat der Unternehmer nicht zu besteuern, da er keine Leistungen für den privaten Bedarf seines Personals ausführt.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung hat in einem umfassenden Schreiben zu den ertrag- und umsatzsteuerrechtlichen Folgen der Gesetzesänderung Stellung genommen. Grundsätzlich stellt die Finanzverwaltung fest, dass sich aus den ertragsteuerrechtlichen Änderungen keine unmittelbaren Rechtsfolgen für die Umsatzsteuer ergeben.
Mittelbar ergeben sich Rechtsfolgen für die Umsatzsteuer, da die Aufwendungen für die Beurteilung der 110 EUR-Grenze seit dem 1.1.2015 (wieder) die Kosten für den äußeren Rahmen (z. B. Räume, Beleuchtung oder Eventmanager) mit umfassen und außerdem die auf die teilnehmenden Familienmitglieder anteilig entfallenen Aufwendungen wieder dem Arbeitnehmer zugerechnet werden.
Unabhängig von der ertragsteuerrechtlichen Änderung von einer Freigrenzenregelung zu einer Freibetragsregelung, ergeben sich bei der Umsatzsteuer weiterhin die folgenden Rechtsfolgen:
- Übersteigen die auf den Arbeitnehmer entfallenden Aufwendungen die Grenze von 110 EUR nicht, gilt die Betriebsveranstaltung insoweit als aus überwiegend unternehmerischen Gründen veranlasst. Der Unternehmer hat aus allen Leistungsbezügen den Vorsteuerabzug – der Vorsteuerabzug kann nur insoweit ausgeschlossen sein, wie der Unternehmer steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsleistungen ausführt. Eine Ausgangsleistung hat der Unternehmer nicht zu versteuern.
- Übersteigen die auf den Arbeitnehmer entfallenden Aufwendungen die Grenze von 110 EUR, gilt die Betriebsveranstaltung insoweit als für den privaten Bedarf des Personals als ausgeführt. Der...