Leitsatz
1. Aufwendungseigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. c UStG 1991/1993 setzt nicht voraus, dass die in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen im Rahmen eines andere Zwecke verfolgenden Unternehmens getätigt werden.
2. Das Halten von Rennpferden aus Repräsentationsgründen ist ein ähnlicher Zweck i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG.
3. Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG ist nur derjenige, der eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-RL ausübt.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. c, § 2 Abs. 1 UStG 1991/1993, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GbR. Sie kaufte ein Rennpferd im Jahr 1991 und ein weiteres im Jahr 1995. Durch die Beteiligung an Pferderennen erzielte sie Einnahmen aus Rennpreisen, die ihre Aufwendungen jedoch nicht deckten.
Einkommensteuerrechtlich lag unstreitig eine sog. Liebhaberei vor.
Umsatzsteuerrechtlich sah die Klägerin das Halten der Rennpferde als unternehmerische Tätigkeit an und machte in ihren USt-Erklärungen für die Jahre 1991 bis 1995 jeweils einen Vorsteuerüberschuss geltend.
Das FA war der Ansicht, die Aufwendungen für die Rennpferde fielen unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG, sodass die Voraussetzungen des Aufwendungseigenverbrauchs gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. c UStG erfüllt seien.
Das FG gab der Klage statt: Das Betreiben des Rennstalls sei kein ähnlicher Zweck i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG, da das Abzugsverbot nur gelte, wenn der mit der Freizeittätigkeit verfolgte repräsentative Zweck neben dem eigentlichen Betriebsgegenstand liege (Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.09.2006, 5 K 472/02, Haufe-Index 1724818, EFG 2007, 567).
Entscheidung
Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Der BFH sah das Unterhalten eines Rennpferds als "ähnlichen Zweck" an. Er bejahte aus den aus den Praxis-Hinweisen ersichtlichen Gründen einen Eigenverbrauch der Klägerin für den Fall, dass diese Unternehmerin i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG sei. Er gab dem FG auf, die bislang ohne Weiteres unterstellte Unternehmereigenschaft der Klägerin im zweiten Rechtsgang zu prüfen.
Hinweis
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UStG in der in den Streitjahren 1991 bis 1995 geltenden Fassung (UStG) unterliegt der Eigenverbrauch im Inland der USt. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. c UStG liegt Eigenverbrauch u.a. vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens Aufwendungen tätigt, die unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG fallen. Nach der letztgenannten Vorschrift sind nicht abziehbar die Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen (sog. Repräsentationsaufwand).
2. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist unerheblich, ob das Abzugsverbot bei der ESt berücksichtigt worden oder beispielsweise wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht dort nicht zum Tragen gekommen ist. Entscheidend ist, ob der Aufwand seiner Art nach von § 4 Abs. 5 EStG erfasst wird (vgl. BFH, Urteil vom 23.01.1992, V R 66/85, Haufe-Index 64278, BFHE 167, 221).
3. Durch das vorgenannte BFH-Urteil und die nachfolgende Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil vom 06.08.1998, V R 74/96, BFH/NV 1999, 139) ist bereits geklärt, dass ein Steuerpflichtiger, der Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG ist, auch dann dem Eigenverbrauch unterliegt, wenn die Veranstaltung von Segeltörns oder das Vermieten einer Jacht den Gegenstand seines Unternehmens bildet. Der Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. c UStG ist also auch dann anzusetzen, wenn der repräsentative Zweck den Gegenstand des Unternehmens bildet.
Für diesen Fall ist aber zu berücksichtigen, dass gem. § 4 Abs. 5 S. 2 EStG das Abzugsverbot nicht gilt und deshalb ein Eigenverbrauch nicht anzusetzen ist, wenn sich der Steuerpflichtige insoweit mit Gewinnabsicht betätigt, wenn also keine sogenannte Liebhaberei vorliegt.
4. Die im Besprechungsfall klärungsbedürftige Frage war, ob das Unterhalten eines Rennpferds bei Vorliegen einer Liebhaberei im einkommensteuerrechtlichen Sinn "ähnlichen Zwecken" i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG dient wie eine Jacht. Dies ist zu bejahen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 02.07.2008 – XI R 66/06