Auch in diesem Fall entschied der BFH zu einem Sachverhalt, der sich ebenfalls auf die Rechtslage nach Einführung der §§ 9 Abs. 3,13b Abs. 2 Nr. 3 UStG bezieht. In einem notariellen Grundstückskaufvertrag hat der Verkäufer vollständig zur Umsatzsteuer optiert. Zu einem späteren Zeitpunkt hat der Käufer einen Grundstücksteil an eine dritte Partei veräußert, jedoch ohne auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG zu verzichten. Durch notariell beurkundete "Änderung eines Grundstückskaufvertrages" haben die Parteien des ersten Grundstückskaufvertrages in der Folge den im damaligen Grundstückskaufvertrag ausgeübten Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung vollständig rückgängig gemacht. Entgegen der Ansicht der Kaufvertragsparteien hat das Finanzamt die Meinung vertreten, dass die Umsatzsteueroption bei einer Grundstückslieferung nur in dem zugrunde liegenden notariellen Grundstückskaufvertrag erklärt werden könne und gleiches auch für die Rückgängigmachung derselben gelte.
Widerruf der Umsatzsteueroption auch außerhalb des Kaufvertrags: In übereinstimmender Auffassung mit der Vorinstanz entschied der BFH, dass der Widerruf der Umsatzsteueroption auch außerhalb des notariellen Grundstückskaufvertrages erfolgen kann. Mit seiner Fassung beziehe sich § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nur auf den "die Steuerbefreiung (formal und zeitlich) begrenzten Verzicht" und betreffe nicht auch den Widerruf der Umsatzsteueroption. Die Ansicht, dass sowohl die Umsatzsteueroption als auch deren Widerruf gleichzeitig auszuüben seien, habe andernfalls einen faktischen Ausschluss von Letzterem zur Folge. Der BFH wendet sich auch dem Aspekt des Steuerausfalls zu und stellt klar, dass durch den Widerruf einer Umsatzsteueroption keine Gefahr für Steuerausfälle bestehe. Schließlich entfiele nicht nur die Steuerlast beim Leistungsempfänger, sondern ggf. gleichzeitig auch sein Recht zum entsprechenden Vorsteuerabzug.
Der BFH widerspricht in seinem Beschluss außerdem einer Literaturauffassung zu seinem Urt. v. 21.10.2015 – XI R 40/13, welche dieses dahingehend interpretiert hat, dass auch der Widerruf der Umsatzsteueroption in dem notariell zu beurkundenden Grundstückskaufvertrag erklärt werden müsse. Hierzu stellt der BFH in seinem Beschluss nun klar, dass § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nur eine eingrenzende Regelung sei, die hinsichtlich der Umsatzsteueroption bei einer Grundstückslieferung für Rechtssicherheit und klare Verhältnisse im Zeitpunkt des notariell zu beurkundenden Grundstückskaufvertrags sorge. Eine Limitierung des Widerrufs der Umsatzsteueroption folge daraus nicht.
Der Widerruf des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung kann nach der Auffassung des BFH in zeitlicher Hinsicht ausgeübt werden, solange die Umsatzsteuerfestsetzung des Leistungsempfängers für das Kalenderjahr der Leistungserbringung (= Grundstückslieferung) noch anfechtbar oder aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung gem. § 164 AO änderbar ist. Wegen der aufgrund der Umkehr der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG, sog. Reverse Charge-Verfahren, entstandenen Umsatzsteuerschuld beim Leistungsempfänger sei allein seine Veranlagungssituation maßgeblich.
Der BFH bekräftigte zudem seine bereits im Jahr 2015 vertretene Auffassung, dass die Ausübung der Umsatzsteueroption nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nicht nur formal, sondern auch zeitlich (auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages) begrenzt sei.