Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Die berufliche Veranlassung eines Umzugs endet regelmäßig mit dem Einzug in die erste Wohnung am neuen Arbeitsort. Die Aufwendungen für die Einlagerung von Möbeln für die Zeit vom Bezug dieser Wohnung bis zur Fertigstellung eines Wohnhauses am oder in der Nähe vom neuen Arbeitsort gehören daher nicht zu den steuerlich zu berücksichtigenden Umzugskosten (Werbungskosten).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Sachverhalt
Ein Professor (Kläger) folgte dem Ruf an eine andere Universität. Mit seiner Familie zog er in der Nähe des neuen Arbeitsplatzes in eine 82 m² große Mietwohnung. Zeitgleich erwarb er gemeinsam mit seiner Ehefrau ein 252 m² großes Einfamilienhaus am neuen Ort und veräußerte kurze Zeit später das bisherige Eigenheim. Das neu erworbene Haus wurde in 11/2 Jahren für ca. 2,5 Mio. DM renoviert, ehe der Kläger mit seiner Familie dorthin umzog. Die Kosten für die Einlagerung der Möbel während der Umbauphase von ca. 22 000 DM und die Miete für den privat genutzten Teil der Mietwohnung machten die Kläger erfolglos als Betriebsausgaben bei den vom Kläger aus Nebentätigkeiten erzielten freiberuflichen Einkünften geltend. Nach in erster Instanz verlorener Klage hatte auch die nur noch wegen der Einlagerungskosten eingelegte Revision keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH verneint zunächst den Charakter der geltend gemachten Kosten als Betriebsausgaben, weil der Umzug nicht durch die freiberufliche Nebentätigkeit, sondern durch die Haupttätigkeit veranlasst gewesen sei. Darauf, dass die Nebeneinkünfte eng mit der Professorentätigkeit zusammengehangen und jene überstiegen hätten, komme es nicht an.
Die Einlagerungskosten seien auch keine Werbungskosten. Zwar sei der Umzug beruflich veranlasst gewesen, so dass die durch den Umzug entstandenen Kosten als Werbungskosten abgezogen werden könnten. Der entscheidende Anlass für die Aufwendungen sei jedoch der Umbau des neu erworbenen Einfamilienhauses gewesen. Die berufliche Veranlassung eines Umzugs ende regelmäßig mit dem Einzug in die erste Wohnung am neuen Arbeitsplatz. Der Umzug in eine Zwischenwohnung sei im Regelfall und so auch hier privat veranlasst.
Eine berufliche Veranlassung für die Kosten der Einlagerung von Möbeln sei nicht schon deshalb als gegeben anzusehen, weil das EStG bei doppelter Haushaltsführung nach Wechsel des Arbeitsplatzes die diesbezüglichen Aufwendungen zum Werbungskostenabzug zulasse (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Es handele sich um eine ausdrückliche Sonderregelung, mit der gemischte Aufwendungen abziehbar gemacht würden. Für Lagerkosten gebe es keine solche Sonderregelung.
Hinweis
Die Entscheidung besagt nicht, dass Kosten für den Umzug in eine Zwischenwohnung in jedem Fall nicht abziehbar sind. Zwar wird eine private Veranlassung dafür vermutet, weil in der Regel außerbetriebliche oder außerberufliche Gründe der Anlass für einen Zwischenumzug sind. Im Einzelfall kann aber nachgewiesen werden, dass aus vom Steuerpflichtigen nicht zu beeinflussenden Gründen ein Zwischenumzug nicht zu vermeiden war. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige in der Nähe des neuen Tätigkeitsorts trotz größter Anstrengungen keine den bisherigen Wohnverhältnissen entsprechende Wohnung finden konnte und keine Hinweise auf zusätzliche private Gründe für einen Zwischenumzug gegeben sind.
Im Zweifelsfall sollte rechtzeitig geprüft werden, ob nicht eine doppelte Haushaltsführung bis zu dem Zeitpunkt des endgültigen Umzugs günstiger ist. Denn innerhalb des Zeitraums von zwei Jahren können die Kosten der Unterkunft am Tätigkeitsort, Mehraufwendungen für Verpflegung und Kosten für wöchentliche Familienheimfahrten als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG) bzw. Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Nr. 6a EStG) geltend gemacht werden.
Vier aktuelle Entscheidungen zu Umzugskosten im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf eines Eigenheims sind außerdem am 24.5.2000 vom VI. Senat des BFH ergangen (Az. VI R 17/96, VI R 28/97, VI R 188/97 und VI R 147/99).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.9.2000, IV R 78/99