Häufig werden Grundstücke zur weiteren Sicherung der Bedürfnisse des potentiellen Erblassers lediglich unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen. Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks gegen Nießbrauchsvorbehalt führt hinsichtlich des vorbehaltenen Nutzungsrechts auch dann nicht zu einer Gegenleistung, wenn der Übernehmer dem Übergeber das Nutzungsrecht einräumt. Vielmehr ist von der Übertragung von bereits mit dem Nutzungsrecht belastetem Vermögen auszugehen (BMF v. 13.1.1993 – IV B 3 - S 2190 – 37/92, BStBl. I 1993, 80 Rz. 10). Da die Nutzungsbefugnis weiterhin beim Vorbehaltsnießbraucher verbleibt, erzielt er bei einem vermieteten Grundstück auch weiterhin Einkünfte aus VuV und ist zur weiteren Vornahme der Gebäude-AfA berechtigt (BMF v. 30.9.2013 – IV C 1 - S 2253/07/10004, BStBl. I 2013, 1184 Rz. 41 ff. = EStB 2013, 417 [Günther]).
Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks gegen Nießbrauchsvorbehalt führt ertragsteuerlich dazu, dass sich hinsichtlich der steuerlichen Einkunftserzielung nichts ändert, d.h. diese verbleibt beim bisherigen Eigentümer und jetzigem Vorbehaltsnießbraucher. Konkret bedeutet dies, dass nur der Vorbehaltsnießbraucher als derjenige, der (weiterhin) mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig wird, auch zum Werbungskostenabzug berechtigt ist. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Nießbraucher nach § 1041 BGB nur verpflichtet ist, für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen und ihm Ausbesserungen und Erneuerungen nur insoweit obliegen, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Er ist zwar auch zu außergewöhnlichen Unterhaltungsmaßnahmen berechtigt (§ 1043 BGB), erlangt dadurch jedoch i.d.R. einen Anspruch auf Kostenerstattung ggü. dem Eigentümer (§ 1049 BGB i.V.m. §§ 677 ff. BGB).
Treffen die Vertragsparteien keine von der gesetzlichen Kostentragung (§ 1041 BGB) abweichende Regelung, führt der Vorbehaltsnießbraucher eine außergewöhnliche Instandsetzungsmaßnahme (z.B. die Sanierung des Daches) durch und macht er diesen Aufwand ggü. dem neuen Eigentümer nicht geltend, kann er seine Aufwendungen nicht als Werbungskosten abziehen, da hierin eine nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Zuwendung an den Eigentümer liegt (BFH v. 10.4.1991 – XI R 13/87, BFH/NV 1991, 740). Der getätigte Aufwand wäre damit steuerlich in vollem Umfang verloren. Ein Werbungskostenabzug wäre allenfalls dann möglich, wenn der gesetzlich bestehende Ersatzanspruch zwar geltend gemacht, aber nicht realisiert wird (BFH v. 17.8.2005 – IX R 27/03, BFH/NV 2006, 270).
Trägt bei gesetzlicher Kostentragung der Eigentümer entspr. seiner Verpflichtung die Aufwendungen für außergewöhnliche Instandsetzungsmaßnahmen, führt dies steuerlich zu dem unbefriedigenden Ergebnis, das bei ihm ein Werbungskostenabzug mangels Einkünfteerzielung ausgeschlossen ist. Ein steuermindernder Abzug ist in derartigen Fällen auch nicht unter dem Gesichtspunkt sog. vorweggenommener Werbungskosten im Hinblick auf eine nach Erlöschen des Nießbrauchs beabsichtigte Vermietung möglich, da ein Ende der Nutzung durch den Vorbehaltsnießbraucher noch nicht absehbar ist (BFH v. 19.2.2019 – IX R 20/17, ErbStB 2019, 164 [Günther]). Ein Werbungskostenabzug kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen Interesse als zukünftiger Nutzer des Hauses macht, d.h. wenn die zukünftige Nutzung zeitlich konkret ansteht (BFH v. 31.5.2000 – IX R 6/96, BFH/NV 2001, 24). Der Eigentümer einer nießbrauchsbelasteten Immobilie kann daher vorweggenommene Werbungskosten z.B. dann geltend machen, wenn der Nießbrauch nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen zeitnah aufgehoben werden soll (BFH v. 25.2.2009 – IX R 3/07, BFH/NV 2009, 1251).
Beraterhinweis Die Vertragsparteien sollten daher bei einem vermieteten und somit der Einkünfteerzielung dienenden Objekt zur Sicherung des höchstmöglichen Werbungskostenabzugs beim Nießbraucher abweichend von den bürgerlich-rechtlichen Regelungen den Nießbraucher auch zur Übernahme größerer Instandsetzungsaufwendungen verpflichten. Diese Nebenabrede muss, wenn sie zwischen nahen Angehörigen erfolgt, klar und eindeutig getroffen und tatsächlich durchgeführt werden (BFH v. 9.3.1993 – IX R 96/89, BFH/NV 1993, 594). Ist dies der Fall, sind die größeren Instandsetzungsaufwendungen beim Nießbraucher auch steuerlich berücksichtigungsfähig (BFH v. 24.6.2009 – IV R 20/07, BFH/NV 2010, 20 = ErbStB 2010, 7 [Günther]).
Hat der Nießbraucher größeren Erhaltungsaufwand unter Anwendung der Regelung des § 82b EStDV gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt und verstirbt er vor Ablauf des Verteilungszeitraums, ist der Eigentümer nicht zum Abzug des noch verbleibenden Restbetrages berechtigt. Dieser ist vielmehr beim Nießbraucher in der Einkommensteuererklärung für das Todesjahr als Werbungskosten abzuziehen (BFH v. 13.3.2018 – IX R 22/17, BFH/NV 2018, 824 = ErbStB 2018, 239 [Günther]).