Einkommensteuerliche Rechtsfolgen und Gestaltungsmöglichkeiten
[Ohne Titel]
StB Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther
Die unentgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks erfolgt i.d.R. auf nahe Angehörige (insb. Abkömmlinge) i.R. einer vorweggenommenen Erbregelung und ist in der Besteuerungspraxis häufig anzutreffen. Zu beachten ist, dass die einkommensteuerlichen Rechtsfolgen einer unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragung entscheidend von der weiteren Nutzung des Objekts durch den Grundstücksübernehmer abhängen. Der Beitrag zeigt die verschiedenen Fallgruppen und ihre ertragsteuerlichen Folgen auf und gibt Hinweise zur Gestaltung.
1. Problemstellung
Die unentgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks erfolgt i.d.R. auf nahe Angehörige (insb. Abkömmlinge) i.R. einer vorweggenommenen Erbregelung und ist in der Besteuerungspraxis häufig anzutreffen. Der potentielle Erblasser will damit das Grundstück noch zu Lebzeiten auf einen oder mehrere Abkömmlinge übertragen und diesen Vorgang noch zu Lebzeiten selbst gestalten. Dabei geht es vielfach darum, Abkömmlingen Vermögen bereits zu Lebzeiten zukommen zu lassen, aber nicht selten auch um die Versorgung des Übertragenden, z.B. in Form von wiederkehrenden Versorgungsleistungen an den Übertragenden oder durch Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts.
Zu beachten ist, dass die einkommensteuerlichen Rechtsfolgen einer unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragung entscheidend von der weiteren Nutzung des Objekts durch den Grundstücksübernehmer abhängen. Nutzt er das Grundstück (teilweise) zu eigenen Wohnzwecken, liegt dies (insoweit) außerhalb der Sphäre der Einkünfteerzielung, so dass weder steuerpflichtige Einnahmen anfallen noch die Möglichkeit eines Kostenabzugs besteht. Ausgenommen ist dabei jedoch die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG, die für durchgeführte Handwerkerleistungen bis zur Höhe von max. 1.200 EUR gewährt werden kann.
Die (teilweise) Nutzung zu Vermietungszwecken oder im betrieblichen Bereich des Grundstücksübernehmers ist dagegen einkommensteuerlich relevant und damit auch einem Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug zugänglich.
2. Unentgeltliche Übertragung
Erfolgt die Übertragung eines ganz oder teilweise der Einkünfteerzielung dienenden Grundstücks in vollem Umfang unentgeltlich, entstehen dem Grundstücksübernehmer keine abschreibungsfähigen Anschaffungskosten. Diese können allenfalls dann entstehen, wenn er die Nebenkosten der unentgeltlichen Übertragung übernimmt (BFH v. 9.7.2013 – IX R 43/11, BStBl. II 2014, 878). Er kann jedoch von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abschreiben, die dem Rechtsvorgänger seinerzeit entstanden sind (§ 11d Abs. 1 EStDV, R 7.3 Abs. 3 u. Abs. 6 EStR), sofern dieser das Gebäude nicht bereits vollständig abgeschrieben hat.
Tätigt der Grundstücksübernehmer innerhalb von drei Jahren nach der Übertragung größere Instandsetzungen, sind die anfallenden Kosten auch sofort als Werbungskosten absetzbar (oder ggf. über § 82b EStDV gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilbar). Die Regelungen des anschaffungsnahen Aufwands (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) finden keine Anwendung, da die Vorschrift (mangels Anschaffungskosten) nicht greift (R 6.4 Abs. 1 Satz 2 EStR).
Entsprechend können nach der Übertragung getätigte Investitionen in das Gebäude auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Herstellung der Betriebsbereitschaft zu Anschaffungskosten führen, da es bei einem unentgeltlichen Erwerb an einer Anschaffung i.S.d. § 255 Abs. 1 HGB mangelt (BMF v. 18.7.2003 – IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl. I 2003, 386 Rz. 15).
Investitionen in ein bestehendes Gebäude können daher zu sofort abziehbaren Erhaltungsaufwendungen, allerdings auch zu nachträglichen, nur über die AfA abschreibbaren Herstellungskosten führen. Diese liegen vor, wenn es sich um Aufwendungen für die Erweiterung oder die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes handelt (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB). Erweiterung bedeutet Substanzmehrung in Form eines Anbaus oder einer Aufstockung sowie der Vergrößerung der nutzbaren Fläche, z.B. indem ein Flachdach durch ein Satteldach ersetzt wird und somit erstmals ausbaufähiger Dachraum geschaffen wird. Eine wesentliche Verbesserung liegt nur dann vor, wenn es durch die Baumaßnahmen zu einer Standardhebung kommt, d.h. wenn es von einem sehr einfachen Standard auf einen mittleren Standard oder von einem mittleren Standard auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird. Für die Frage der Standardhebung kommt es vor allem auf die zentralen Ausstattungsmerkmale eines Gebäudes an, auf Umfang und Qualität der Heizungs-, Sanitär – und Elektroinstallationen sowie der Fenster. Führt ein Bündel von Maßnahmen bei mindestens drei Bereichen der zentralen Ausstattungsmerkmale zu einer Erhöhung und Erweiterung des Gebrauchswertes, hebt s...