Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Wird als alleinige Gegenleistung für eine Arbeitsübertragung die Freistellung des ausscheidenden Gesellschafters von der Haftung für die noch ausstehenden Einlagen vereinbart, so ergibt sich daraus der maßgebliche Veräußerungspreis i.S.v. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG.
Normenkette
§ 17 Abs. 1 S. 4 EStG
Sachverhalt
So verhielt es sich hier: Frau K bekam von ihrem Sohn, der in qualifizierter Weise an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war, Anteile geschenkt. Es kam sodann zu Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln. Diese Anteile brachte Frau K. in eine andere Kapitalgesellschaft ein. Der daraus erzielte Gewinn wurde der Besteuerung unterworfen. Im Einspruchsverfahren brachte K. vor, es handle sich um neue Anteile, die nicht unter § 17 Abs. 1 S. 4 EStG fielen, sodass es bei ihr bei einer qualifizierten Beteiligung fehle. Dieser Auffassung folgten FA und FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2009, 2 K 172/05, Haufe-Index 1986023, EFG 2008, 1374) und auch der BFH nicht.
Entscheidung
Der BFH hat deshalb die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
Nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Dies gilt gem. § 17 Abs. 1 S. 4 EStG entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war und der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben hat.
1.§ 17 Abs. 1 S. 4 EStG verlangt mit dem unentgeltlichen Erwerb einen Rechtsträgerwechsel ohne Gegenleistung. Steuerverhaftet werden damit ausschließlich die unentgeltlich übertragenen Anteile. Erwirbt der Steuerpflichtige zu einem späteren Zeitpunkt – nach der unentgeltlichen Zuwendung – andere Anteile unentgeltlich oder entgeltlich hinzu, so bleiben diese von der erweiterten Steuerverhaftung unberührt. Nacheinander erworbene Anteile bleiben also jeweils selbstständig. Die nicht wesentliche Beteiligung des Steuerpflichtigen erstarkt nicht infolge des unentgeltlichen Erwerbs (insgesamt) zu einer qualifizierten.
2. In diesem Rahmen musste sich der BFH mit der Bedeutung von Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln beschäftigen. Führt die Zuteilung neuer Anteile zu einem Erwerb? Der BFH verneint diese Frage:
Hat jemand unentgeltlich von einem anderen, der qualifiziert beteiligt ist, Anteile erworben und wird sodann das Kapital der Gesellschaft aus Gesellschaftsmitteln erhöht, so führt die Zuteilung junger Aktien nicht zu einem gegenüber dem unentgeltlichen Anteilserwerb selbstständigen Erwerbsvorgang. Der Anteilseigner war vor der Kapitalerhöhung Rechtsträger derselben Substanz, die nach der Kapitalerhöhung (auch) in den jungen Anteilen verkörpert wurde (Substanzabspaltung).
Grundlage der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist ein Umbuchungsvorgang, der nichts an der Höhe, sondern nur die Zusammensetzung des Eigenkapitals ändert (§ 207 AktG). Offene Rücklagen werden in gezeichnetes Kapital umgewandelt. Das KapErhStG nimmt die handelsrechtlich wirksame Umwandlung offener Rücklagen in Nennkapital aus dem Bereich der Einkünftebesteuerung heraus. Anteile, die ein Gesellschafter bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erhält, stellen bei ihm keine Einkünfte dar. Anschaffungskosten für die Altanteile sind auch die Anschaffungskosten für die nun in seinem Besitz befindlichen alten und neuen Anteile (§ 3 KapErhStG).
3. Das bedeutet nun: Auch die jungen Anteile werden vom unentgeltlichen Erwerb erfasst.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.02. 2009 – IX R 26/08