Leitsatz
Ist eine Klage gegen das falsche Finanzamt gerichtet, jedoch die zutreffende Steuernummer angegeben, ist die Klage ergänzungsbedürftig. Die Ergänzung kann nur innerhalb der Klagefrist erfolgen.
Sachverhalt
In der am 1.10.2002 eingegangenen Klageschrift wurde das Finanzamt Hamburg-A als Beklagter benannt. Gleichzeitig wurde aber die zutreffende Steuernummer angegeben. Bei dieser Nummer handelt es sich um eine Steuernummer des Finanzamtes Hamburg-B, welches den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2000 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 29.8.2002 erlassen hatte. Die Geschäftsstelle des FG trug die Klage als gegen das Finanzamt Hamburg-A gerichtet ein und veranlaßte auch die Zustellung dorthin. Das FA Hamburg-A leitete die Klage nebst Empfangsbekenntnis an das Finanzamt Hamburg-B weiter, weil die angegriffene Einspruchsentscheidung von dort erlassen war. Am 5.12.2002 teilte der Prozeßbevollmächtigte telefonisch mit, daß aufgrund eines Versehens nicht das Finanzamt Hamburg-B als Beklagter benannt worden sei. Daraufhin wurde der Prozeßbevollmächtigte vom Vorsitzenden des für das Finanzamt Hamburg-A zuständigen Senats aufgefordert, bis zum 20.1.2003 die Änderung des Rubrums schriftlich bekannt zu geben. Diese Aufforderung wurde am 21.1.2003 mit dem handschriftlichen Vermerk zurückgefaxt, daß Fristverlängerung bis 26.1.2003 erbeten würde. Nach dem 20.1.2003 teilte der Prozeßbevollmächtigte mit, daß Beklagter das Finanzamt Hamburg-B sei. Der angefochtene Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung lagen der Klage offenbar nicht bei.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts war die Klage unzulässig, weil sie nichtinnerhalb der Klagefrist von einem Monat gegen das zutreffende Finanzamt gerichtet wurde. Nach § 65 FGO muß die Klage u.a. den Beklagten bezeichnen. Zwar sei die Klageschrift wie andere Willenserklärungen auch auslegungsfähig und insoweit ergänzungsfähig, im vorliegenden Fall habe der Prozeßbevollmächtigte jedoch eine eindeutige Bezeichnung eines Beklagten vorgenommen, wenn auch eine unzutreffende. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, daß sich aus der gleichzeitigen Angabe der (zutreffenden) Steuernummer eine auslegungsbedürftige Bezeichnung des Beklagten folgern ließe, führe das im Streitfall nicht zur Zulässigkeit der Klage, weil die notwendige Klarstellung über das beklagte Finanzamt weder innerhalb der Klagefrist erfolgt sei noch innerhalb der vom Vorsitzenden des zunächst zuständigen Senats gesetzten Frist. Die Berichtigung der Bezeichnung eines Beteiligten dürfe nicht dazu benutzt werden, einen neuen Beteiligten in den Prozeß einzuführen. Es läge auch keine zulässige Klageänderung vor. Die Vorschrift über die Klageänderung (§ 67 FGO) sei unvollständig. Mit ihr könnten nicht zwingende Sachurteilsvoraussetzungen unterlaufen werden. § 67 Abs. 1 FGO sei aus der Sicht des § 65 FGO auszulegen. Eine Klageänderung sei nur statthaft, wenn für das geänderte Klagebegehren die einschlägigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt seien. Dazu gehöre die Wahrung der Klagefrist, aber auch die Bezeichnung des zutreffenden Beklagten. Wiedereinsetzungsgründe lagen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.
Hinweis
§ 65 FGO enthält Bestimmungen über den sogenannten "Mußinhalt" (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO) und über den "Sollinhalt" (§ 65 Abs. 1 Satz 2-4 FGO). Entspricht die Klage den Anforderungen des § 65 Abs. 1 nicht, so muß der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist auffordern (§ 65 Abs. 2 Satz 1 FGO).
Über die Auswirkung der falschen, ungenauen oder fehlenden Bezeichnung einer Behörde als Beklagte liegen unterschiedliche, teils widersprechende Entscheidungen vor. Der BFH geht davon aus (vgl. BFH, Beschluss v. 11.3.1999, V B 154/98, BFH/NV 1999 S. 1226), dass jedenfalls dann, wenn definitiv ein falsches Finanzamt als beklagte Behörde benannt ist, eine berichtigende Auslegung durch das Finanzgericht nicht möglich ist, und daß in diesen Fällen auch eine Aufforderung des Finanzgerichts, die Klage zu ergänzen, nicht in Betracht kommt.
Dem vorgeschaltet ist aber die Frage der Auslegung. Denn ist eine Klageschrift nicht eindeutig, ist sie wie jede andere Willenserklärung auslegungsfähig und auslegungsbedürftig (analog § 133 BGB). Die Pflicht zur Auslegung ergibt sich auch aus dem verfassungsrechtlich garantierten Prinzip des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Das Finanzgericht hätte also nicht offenlassen dürfen, ob die Erklärung auslegungsbedürftig und auslegungsfähig ist. Ist nämlich eine entsprechende Auslegung möglich und hätte sich aus der Auslegung ergeben, wer der richtige Beklagte ist, so wäre die Klage zulässig gewesen.
Fraglich ist nun, ob die Angabe der zutreffenden Steuernummer des Finanzamtes, das den Verwaltungsakt erlassen hat, dazu führt, daß die Klageschrift auslegungsfähig ist. Dafür spricht manches. Auch der BFH hat es in einer Entscheidung vom 30.1.1997 (BFH, Urteil v. 30.1.1997, I B 69/96, BFH/...