Rz. 37
Steht an der Spitze eines Konzerns eine inländische Nicht-Kapitalgesellschaft, die ein oder mehrere inländische Tochterunternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft besitzt, so ist zu unterscheiden, ob eines dieser Tochterunternehmen zugleich auch Mutterunternehmen ist, das seinerseits nach den Vorschriften des Zweiten Unterabschnitts einen (Teil-)Konzernabschluss erstellen muss. Ist eine solche Situation nicht gegeben (vgl. Feld (2) der Abb. 3), läge in diesem einstufigen Konzern keine Abschlusspflicht i. S. d. des Zweiten Unterabschnitts vor, so dass auch kein Unternehmensverbund i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB gegeben wäre. Zwar verweist § 13 Abs. 2 Satz 1 PublG an dieser Stelle unmittelbar (auch) auf § 298 HGB, wodurch § 271 Abs. 2 HGB dem Grunde nach analog anzuwenden wäre; dennoch scheidet eine solche – zugegeben wünschenswerte – Analogie bereits deshalb aus, weil diese inländische Nicht-Kapitalgesellschaft ihren Konzernabschluss gerade nicht "nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat." Aufgrund dessen existiert für die Konzernspitze (inländische Nicht-Kapitalgesellschaft) auch keine Möglichkeit zur Erstellung eines befreienden Konzernabschlusses. Insoweit ist die Verbundbedingung II als nicht erfüllt anzusehen. Bei einer wörtlichen Auslegung des Gesetzestexts wären in den Jahresabschlüssen der Kapitalgesellschaften (Tochterunternehmen) weder die Beziehungen zur Konzernspitze noch die Beziehungen untereinander als Verbundbeziehungen auszuweisen. Hierin liegt eine der vielen Schwachstellen des Verbundbegriffs, zumal aus betriebswirtschaftlicher Sicht der Konzerntatbestand zwischen den beteiligten Unternehmen unstreitig gegeben ist, die Beziehungen aber nicht aufzuzeigen sind.
Beispiel 2:
Sowohl die Beziehungen A/B, A/C als auch B/C dürften bei einer wörtlichen Auslegung des Gesetzestexts nicht als Verbundbeziehungen ausgewiesen werden. Da über § 5 Abs. 1 PublG eine sinngemäße Anwendung des § 271 Abs. 2 HGB zu erfolgen hat, sind im Jahresabschluss der A-OHG – im Falle des Bestehens einer Konzernrechnungslegungspflicht nach dem PublG – die Beziehungen zur B- und C-AG entsprechend auszuweisen.
Rz. 38
Im mehrstufigen Konzern kann eine Nicht-Kapitalgesellschaft unter folgenden Voraussetzungen einen befreienden Konzernabschluss erstellen (vgl. Feld (3) der Abb. 3):
- Die Nicht-Kapitalgesellschaft müsste für den fiktiven Fall, dass sie eine AG, KGaA, SE oder GmbH wäre, der Konzernrechnungslegungspflicht nach dem Zweiten Unterabschnitt unterliegen.
- Die Nicht-Kapitalgesellschaft herrscht über mindestens eine inländische Kapitalgesellschaft, die wiederum an der Spitze eines Teilkonzerns steht und ihrerseits gem. § 290 HGB einen Konzernabschluss aufstellen müsste.
- Weder dürfen Minderheiten die Aufstellung eines befreienden Konzernabschlusses verhindern noch darf das zu befreiende Mutterunternehmen einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG durch von ihm ausgegebene Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 WpHG in Anspruch nehmen.
- Das zu befreiende Mutterunternehmen und dessen Tochterunternehmen müssen unbeschadet des § 296 HGB in den befreienden Konzernabschluss einbezogen werden bzw. einzubeziehen sein.
- Der befreiende und – entweder in deutscher oder englischer Sprache – offenzulegende Konzernabschluss (mitsamt Lagebericht) muss in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2013/34/EU bzw. den in § 315e Abs. 1 HGB bezeichneten internationalen Rechnungslegungsstandards aufgestellt sowie im Einklang mit der Richtlinie 2006/43/EG geprüft worden sein.
- Neben dem Hinweis auf die Befreiung müssen des Weiteren der Name und der Sitz des den befreienden Konzernabschluss aufstellenden Mutterunternehmens im Anhang des Abschlusses des zu befreienden Unternehmens angegeben werden. Auch gilt es die im befreienden Konzernabschluss vom deutschen Recht abweichend angewandten Ansatz-, Bewertungs- und Konsolidierungsmethoden entsprechend zu erläutern.
Alle Konzernunternehmen, die in diesen befreienden Konzernabschluss einzubeziehen wären, würden dann auch verbundene Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB darstellen. Voraussetzung ist nicht, dass ein befreiender Konzernabschluss tatsächlich erstellt wird. Hier reicht allein die Möglichkeit dazu aus.
Beispiel 3:
Unterstellt wird, dass zwischen A/B, B/C sowie A/D Mutter-Tochter-Beziehungen dadurch geschaffen wurden, dass in allen Fällen eine Stimmrechtsmehrheit vorliegt. In diesem Fall könnte A einen für B von der Pflicht zur Erstellung eines (Teil-)Konzernabschlusses befreienden Konzernabschluss aufstellen, indem die Vorschriften des HGB beachtet und alle vier beteiligten Unternehmen in die Konsolidierung einbezogen würden. Alle vier Unternehmen haben dann als verbundene Unternehmen zu gelten, ohne Rücksicht darauf, ob ein solcher befreiender Konzernabschluss tatsächlich auch erstellt wird.
Rz. 39
Wenn im obigen Fall etwaige nicht-beherrschende Gesellschafter von B von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen würden, einen (Teil-)Konzernabschluss zu erzwingen, so wären die Beziehu...