Mangels Rückwirkung entfallen durch die Erledigung der Voranmeldungen (Vorauszahlungsbescheide) nicht die materiell-rechtlichen Wirkungen, die die Voranmeldungen (Vorauszahlungsbescheide) in der Vergangenheit ausgelöst hatten, wie insbesondere die Fälligkeit der Vorauszahlungen (Klarstellung durch § 18 Abs. 4 Satz 3 UStG). Die Jahressteuerfestsetzung kann mithin materiell-rechtlich nur die Fälligkeit der bislang nicht von Voranmeldungen erfassten Steuer auslösen (§ 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UStG).
Die Fälligkeit von rückständigen, vorangemeldeten Umsatzsteuerschulden bleibt unberührt. Soweit sich aufgrund der Jahresveranlagung eine weitere Steuernachzahlung ergibt, wird nur der Unterschiedsbetrag nach Fristablauf fällig. Da die Fälligkeiten der rückständigen Vorauszahlungen durch die Festsetzung der Jahressteuer nicht berührt werden, bleiben auch bereits verwirkte Säumniszuschläge bestehen. Soweit es um die Beseitigung dieser fortbestehenden Wirkungen geht, besteht ein Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf rückwirkende Aufhebung der Vollziehung des Vorauszahlungsbescheides.
Soweit das Finanzamt wegen rückständiger Umsatzsteuervorauszahlungen bereits Vollstreckungsmaßnahmen getroffen hat, bleiben diese wirksam, die Festsetzung der Jahressteuer bedeutet nicht den Wegfall der Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen i.S.v. § 257 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zwar können ab dem wirksamen Ergehen eines den Vorauszahlungszeitraum umfassenden Umsatzsteuer-Jahresbescheids weitere Vollstreckungsmaßnahmen nicht mehr auf den Vollstreckungstitel des Vorauszahlungsbescheids gestützt werden. Eine zuvor erfolgte Maßnahme der Vollstreckung wird dadurch aber nicht unwirksam. Sie ist auch nicht allein deshalb aufzuheben, weil die weitere Vollziehbarkeit des ursprünglichen Vollstreckungstitels weggefallen ist. Der Schuldgrund einer für den Vorauszahlungszeitraum nach materiellem Recht geschuldeten Umsatzsteuer ist nicht deshalb entfallen, weil der Vollstreckungstitel des Vorauszahlungsbescheids durch den sämtliche Vorauszahlungszeiträume des Besteuerungszeitraums umspannenden Vollstreckungstitel des Jahressteuerbescheids abgelöst worden ist.
Ein Haftungsschuldner kann auch nach Ergehen des Jahresbescheids gegenüber dem Steuerschuldner durch Haftungsbescheid für rückständige Vorauszahlungen in Anspruch genommen werden, wenn die Haftungsvoraussetzungen (nur) bzgl. der Vorauszahlungen vorliegen. Die Höhe der Haftung bestimmt sich aber unter Berücksichtigung der im Jahresbescheid festgesetzten Steuerschuld.
Gibt der Unternehmer die Voranmeldung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist ab, kann das Finanzamt nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO einen Verspätungszuschlag festsetzen und dadurch den rechtzeitigen Eingang zukünftiger Voranmeldungen sicherstellen. Maßgebend für die Höhe des Zuschlages ist nach § 152 Abs. 8 AO die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung und die Höhe des Steuerbetrages, den der Unternehmer in der Voranmeldung als Vorauszahlung errechnet hat oder der vom Finanzamt als Vorauszahlung festgesetzt worden ist. Nach § 152 Abs. 12 AO sind festgesetzte Verspätungszuschläge anzupassen, wenn sich die bei der Bemessung zugrunde liegende Steuer (Vorauszahlung) ändert.
Bereits im Voranmeldungsverfahren festgesetzte Verspätungszuschläge bleiben auch nach Abgabe der Jahreserklärung und Festsetzung der Jahressteuer bestehen. Führt aber die Jahressteuerfestsetzung zu einer Steuer von 0 EUR oder zu einem Überschuss zugunsten des Unternehmers, muss das Finanzamt prüfen, ob die ursprünglich festgesetzten Verspätungszuschläge rechtmäßig waren. Die Möglichkeit der mehrfachen Festsetzung eines Verspätungszuschlags für denselben Besteuerungszeitraum schließt es nicht aus, im Voranmeldungsverfahren festgesetzte Verspätungszuschläge auch noch nach dem Ergehen des Jahressteuerbescheids nach § 130 Abs. 1 AO bzw. § 152 Abs. 12 AO zu korrigieren. Einer Änderung der Vorauszahlungsbescheide bedarf es dafür nicht.