Leitsatz
Der Erwerb einer Vorratsgesellschaft ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Neugründung einer Gesellschaft zu würdigen. Die nach der Anteilsübertragung angefallenen Verluste bleiben deshalb grundsätzlich abziehbar. Zudem ist der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Veräußerung der Anteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens bei einer Zeitdauer von 14 Monaten nicht mehr gegeben.
Sachverhalt
Die Anteile einer als Vorratsgesellschaft gegründeten GmbH wurden auf den Erwerber übertragen und die GmbH umfirmiert. Neuer Gegenstand der Gesellschaft war der Betrieb eines Hotels. Das Hotel wurde von einer KG errichtet und nach dessen Fertigstellung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die GmbH verpachtet. Bis zur Eröffnung des Hotels in 1996 sind bei der GmbH erhebliche Aufwendungen angefallen. Das Finanzamt versagte den Abzug des daraus resultierenden Verlustvortrags, da die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG erfüllt seien.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt und beurteilte den bis zur Hoteleröffnung angefallenen Verlust als abziehbar. Der zu beurteilende Sachverhalt fällt nicht unter die Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG. Denn wird ein Mantel einer auf Vorrat gegründeten GmbH verwendet, ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Neugründung gegeben. Das FG stützt sich dabei auf eine Entscheidung des BGH (Beschluss v. 9.12.2002, II ZB 12/02). Dies hat zur Folge, dass es sich um einen von der Hotel-GmbH selbst erwirtschafteten Verlust handelt, dessen Abzug nicht zu versagen ist.
Auch liegt kein dem typisierenden Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG vergleichbarer Sachverhalt vor. Zwar sind mehr als 50 % der Anteile in 1994 übertragen worden und in 1996 ist überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden. Es ist aber zweifelhaft, ob die GmbH ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wiederaufnimmt, da die Vorratsgesellschaft noch gar keinen Geschäftsbetrieb hatte.
Schließlich fehlt es auch an einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Anteilsübertragung und der Zuführung neuen Betriebsvermögens (dazu zuletzt der BFH, Beschluss v. 15.12.2004, I B 115/04, BFH/NV 2005 S. 794). Die Zuführung ist erst nach 14 bis 21 Monaten erfolgt; dieser Zeitraum ist nach Auffassung des FG insbesondere bei einer Vorratsgesellschaft nicht mehr zeitnah. Und auch eine schädliche Missbrauchsgestaltung - insbesondere der Handel mit einem Verlustmantel - ist nicht gegeben.
Hinweis
Das FG konnte deshalb die Frage, ob § 8 Abs. 4 KStG verfassungsgemäß ist oder wegen Mängeln im Gesetzgebungsverfahrens nicht anzuwenden ist, dahin gestellt lassen (Vorlagebeschluss des BFH v. 22.8.2006, I R 25/06, Az beim BVerfG: 2 BvL 61/06).
Link zur Entscheidung
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 06.12.2006, 1 K 676/03