Leitsatz
1. Die Befristung des (dinglichen) Nießbrauchs führt zivilrechtlich zu dessen Erlöschen kraft Gesetzes, die des (schuldrechtlichen) Nutzungsrechts zur Beendigung der Rechtswirkungen dieses Rechtsgeschäfts. Das gilt jedoch dann nicht, wenn ein Fortbestehen des (schuldrechtlichen) Nutzungsrechts ausdrücklich oder konkludent auch für den Zeitraum nach Ablauf der (Bedingungs-)Frist vereinbart wird.
2. Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung (Gesamtsozialversicherung) sind – bei eigenem Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen die Versorgungseinrichtung – als Arbeitslohn mit ihrer Abführung durch den Arbeitgeber gegenwärtig zugeflossen.
Normenkette
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO, § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger – zur ESt zusammen veranlagte Eheleute – wenden sich gegen die Änderung eines bestandskräftigen ESt-Bescheids.
Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Mietwohnhaus bebauten Grundstücks. An diesem Objekt räumte er mit notariellem Vertrag vom April 1977 (unter Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und vormundschaftsgerichtlich genehmigt) seinen damals mit 11 und 14 Jahren noch minderjährigen Söhnen S und N jeweils ein schuldrechtliches, befristetes Nießbrauchsrecht ein. Dessen Eintragung im Grundbuch wurde im März 2000 gelöscht.
Nach Auslaufen der Nießbrauchsrechte Ende 1981 (S) und Ende 1984 (N) erklärte weiterhin der Sohn N die Einkünfte aus diesem Objekt in seiner Steuererklärung. Die Erklärungen der Kläger und des Sohnes wurden vom jetzigen Prozessvertreter i.d.R. zeitgleich erstellt und dem FA eingereicht. Abweichend davon rechnete das FA ab 1985 und in den Folgejahren die Einkünfte aus dem Mietwohngrundstück nach Maßgabe der vom Sohn eingereichten Anlagen V den Klägern zu, ohne dass diese derartige Einkünfte erklärten; sie nahmen aber deren Zurechnung bis zum Streitjahr hin.
Im Streitjahr 1997 wurde die Anlage V des nunmehr beschränkt steuerpflichtigen Sohnes N abweichend von der bisherigen Praxis erst später eingereicht mit der Folge, dass im Bescheid vom April 1999 die Einkünfte aus dem Mietwohngrundstück nicht erfasst wurden. Nach Zuleitung der Anlage V des Sohnes berichtigte das FA den bestandskräftigen Bescheid nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO mit Änderungsbescheid vom August 1999.
Nach erfolglosem Einspruch wies das FG die Klage gegen den zwischenzeitlich aus anderen Gründen geänderten und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bescheid auch hinsichtlich der geltend gemachten Steuerfreiheit für die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung der Klägerin als unbegründet ab. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger.
Entscheidung
Der BFH hat die Sache wegen fehlender Feststellung des FG zum Fortbestand des schuldrechtlichen Nutzungsrechts des Sohnes an dem Mietgrundstück und einer daraus folgenden (unveränderten) Vermieterstellung zurückverwiesen.
Dagegen habe das FG zu Recht die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung als zugeflossenen Arbeitslohn behandelt. Der dienstvertragliche Vergütungsanspruch sei – entgegen der Ansicht der Kläger – grundsätzlich am Bruttolohn einschließlich des Arbeitnehmeranteils zur Gesamtsozialversicherung ausgerichtet, sofern – wie hier – keine Nettolohnvereinbarung oder tarifvertraglich anderweitige Vereinbarungen bestünden.
Hinweis
1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt nur, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen; er muss Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag oder einem ähnlichen Vertrag über eine Nutzungsüberlassung sein.
Diese Voraussetzung erfüllt, wer die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt und damit eine Vermietertätigkeit selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter bzw. Verwalter wirtschaftlich ausübt. Diese Rechtsposition kann auch auf der Einräumung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts beruhen (z.B. durch einen nicht im Grundbuch eingetragenen Nießbrauch), sofern sie – insbesondere bei Vereinbarung unter nahen (und wie im Streitfall minderjährigen) Angehörigen aufgrund eines zivilrechtlich wirksamen Vertrags erfolgt und die Beteiligten die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen auch tatsächlich durchführen. Eine entsprechende Durchführung – mit der Folge einer Zurechnung des Mietobjekts zum Nutzungsberechtigten – liegt im Fall eines befristeten Nutzungsrechts selbst nach Ablauf der Frist dann noch vor, wenn die Geltungsdauer der Vereinbarung ausdrücklich oder auch nur konkludent verlängert wird.
2. Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung sind Arbeitslohn, weil sie unbeschadet der Einbehaltung durch den Arbeitgeber vom Arbeitnehmer zur Hälfte (sog. Arbeitnehmeranteil) wirtschaftlich aus dem ihm zustehenden Bruttoentgelt zu tragen sind und damit geldwerter Vorteil sind (vgl. BAG, Beschluss vom 7.3.2001, GS 1/00, NJW 2001, 3570...