Leitsatz
1. Durch die Bestellung des Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erzielt der Nießbraucher – anstelle des Gesellschafters – die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn und soweit er aufgrund der ihm vertraglich zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an Grundlagengeschäften der Gesellschaft mitzuwirken.
2. Entsprechendes gilt beim Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil. Der Quotennießbraucher erzielt nur dann die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen – und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen – nicht alleine und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 41 Abs. 1 AO, § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F., § 126 Abs. 4 FGO
Sachverhalt
V war zu 1/6 an einer vermögensverwaltenden GbR mit Einkünften aus VuV beteiligt. Privatschriftlich räumte er seinem volljährigen Sohn S für die Dauer von vier Jahren den Nießbrauch an seinem Anteil i.H.v. 50 % ein. S sollte in laufenden Angelegenheiten ein Vetorecht haben, in Grundlagengeschäften nicht. Auf Bitten von V zahlte die GbR den auf S entfallenden Gewinnanteil direkt an S. Das FA lehnte die persönliche Zurechnung der Einkünfte zu S ab. Das FG hat die Klage abgewiesen. Um die Einkünfte zu erzielen, hätte S auch im Außenverhältnis in Erscheinung treten müssen (FG Düsseldorf, Urteil vom 9.5.2019, 10 K 3108/17 F, Haufe-Index 13913284, EFG 2020, 1130).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zwar hat das FG fehlerhaft auf das Außenverhältnis abgestellt. Die Entscheidung erwies sich jedoch im Ergebnis als richtig, weil die Stimmrechtsvereinbarung zwischen V und S dem S in Grundlagengeschäften nicht das zumindest erforderliche Vetorecht einräumte.
Hinweis
Das Besprechungsurteil enthält wichtige Hinweise, wie die (vorübergehende) Übertragung einer Einkunftsquelle mithilfe eines Quotennießbrauchs einfach und rechtssicher gelingen kann. Dies ist im Streitfall zwar nicht gelungen. Aus dem Urteil ergibt sich jedoch hinreichend deutlich, wie formuliert werden muss, damit der Erfolg eintritt.
1. Tragende Aussagen des Urteils finden sich erst in Rz. 38 (Maßstab) und Rz. 42 (Subsumtion).
a) Der Quotennießbraucher muss, wenn es auf das Außenverhältnis (Vermieterstellung) nicht ankommt, weil die Gesellschaft selbst Eigentümerin und Vermieterin ist, intern, das heißt im Verhältnis zum Gesellschafter, in der Lage sein zu verhindern (Vetorecht), dass der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung das Stimmrecht allein ausübt, auch bei "Grundlagengeschäften". Es genügt, wenn sich der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung (gegen seinen Willen) der Stimme enthalten muss; dann übt er das unteilbare Stimmrecht nicht allein aus.
b) Im Streitfall war das nicht gegeben. Nach der dort gewählten Formulierung war zwischen Gesellschafter und Nießbraucher vereinbart, dass der Gesellschafter "die Mitwirkungsrechte aus dem Anteil bei Beschlüssen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich seiner Mitwirkungsrechte (wie etwa das Verbot der Änderung der Gewinnbeteiligung oder der Beschneidung des Auseinandersetzungsguthabens) betreffen, allein ausübt, wobei sich der Nießbraucher sein Zustimmungsrecht nach § 1071 BGB vorbehält". Diese Formulierung, die einem einschlägigen Formularhandbuch entnommen war, genügte dem BFH nicht, weil sie erkennen ließ, dass es Grundlagengeschäfte der Gesellschaft geben könne, bei denen der Gesellschafter trotz des Nießbrauchs das Stimmrecht allein ausübt.
c) Offensichtlich unproblematisch war dagegen der erste Teil der Vereinbarung, wonach in laufenden Angelegenheiten "das einheitliche Stimmrecht aus dem Anteil nur gemeinsam ausgeübt werden [kann], sodass, wenn Gesellschafter und Nießbraucher keine Einigung erzielen können, eine Stimmenthaltung zu erfolgen hat". Wäre diese Formulierung auch in Bezug auf Grundlagengeschäfte gewählt worden oder wäre eine entsprechende Differenzierung unterblieben, wäre die Einkünfteverlagerung auch im Streitfall gelungen.
2. Verworfen hat der BFH die strengere Ansicht des FA. Danach erzielt der Nießbraucher die Einkünfte anstelle des Gesellschafters nur, wenn er dem Gesellschafter (in jedem Fall) vorgeben kann, wie dieser in der Gesellschafterversammlung abstimmen muss (Stimmrechtsbeherrschung). Nach dieser Ansicht kommt es darauf an, dass der Nießbraucher das Stimmrecht allein ausübt. Der BFH geht demgegenüber von der Vorstellung aus und betont dies wiederholt durch Sperrdruck, dass Gesellschafter und Nießbraucher hinsichtlich des Stimmrechts gleichberechtigt bzw. einander so angenähert sein müssen, dass sich nebeneinander quasi zwei Berechtigungen ergeben. Das soll genügen, um die Verlagerung der Eink...