Leitsatz
Anlässlich der Übergabe von Geld- oder Wertpapiervermögen kann eine als Sonderausgabe abziehbare dauernde Last begründet werden, wenn diese Werte – unter weiteren Voraussetzungen – vereinbarungsgemäß zur Tilgung von Schulden verwendet werden, mit denen die Anschaffung oder Herstellung von Ertrag bringendem Vermögen – hier: einem eigen genutzten Einfamilienhaus – finanziert worden war (Anschluss an BFH, Beschluss vom 12.5.2003, GrS 1/00, BStBl II 2004, 95, unter C.II.6.b bb; entgegen BMF, Schreiben vom 16.9.2004, BStBl I 2004, 922, Tz. 21, letzter Absatz).
Normenkette
? 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Sachverhalt
Die Mutter der Klägerin übertrug dieser am 6.8.1986 einen Geldbetrag von 100.000 DM. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin, an ihre Mutter auf deren Lebenszeit eine wertgesicherte und gem. ? 323 ZPO abänderbare Rente i.H.v. monatlich 650 DM zu zahlen.
Außerdem übertrug die Mutter der Klägerin am 22.11.1987 ein Wertpapierdepot i.H.v. 200.000 DM. Im Übertragungsvertrag verpflichtete sich die Klägerin unter Vereinbarung einer Wertsicherungs- und Anpassungsklausel, ihrer Mutter für die Dauer von zehn Jahren monatlich 1.600 DM zu zahlen.
Im Streitjahr 1996 zahlte die Klägerin an ihre Mutter rd. 27.000 DM. Das FA versagte den von der Klägerin begehrten Abzug dieser Zahlungen als Sonderausgaben i.S.v. ? 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab (vgl. EFG 2004, 401). Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Die hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Übergabe des Wertpapiervermögens vereinbarten monatlichen Zahlungen von 1.600 DM seien nicht als Sonderausgaben abziehbar. Wiederkehrende Leistungen könnten grundsätzlich nur dann als dauernde Last i.S.v. ? 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG abgezogen werden, wenn sie auf die Lebenszeit des Berechtigten gezahlt würden.
Dagegen komme in Bezug auf die anlässlich der Übertragung des Geldbetrags (100.000 DM) vereinbarten lebenslänglichen Leistungen ein Sonderausgabenabzug in Frage. Voraussetzung dafür sei aber, dass sich der Übernehmer im Übergabevertrag verpflichtet habe, eine ihrer Art nach bestimmte Vermögensanlage zu erwerben, die einen zur Erbringung der zugesagten Versorgungsleistungen ausreichenden Nettoertrag abwerfe.
Die Übergabe von Geld könne überdies auch dem Ziel einer Entschuldung dienen. Dies erfordere indes, dass ein Wirtschaftsgut, das der Erzielung von Erträgen (hier: in Gestalt eines Nutzungsvorteils) diene, von langfristigen Schuldverpflichtungen entlastet werde. Somit müsse das FG im zweiten Rechtsgang der Behauptung der Klägerin nachgehen und prüfen, welches Darlehen getilgt worden sei und wie sich eine etwaige Vorfälligkeitsentschädigung auf die Relation von ersparten Zinsen und Versorgungsleistungen auswirke.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil stellt zunächst klar, dass eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn die im Zug der Übergabe des Vermögens vereinbarten wiederkehrenden Leistungen auf Lebenszeit des Vermögensübergebers gewährt werden. Zeitlich befristete wiederkehrende Leistungen – hier: auf zehn Jahre – reichen in aller Regel nicht aus.
2. Im Beschluss vom 12.5.2003, GrS 1/00, BFH-PR 2003, 451, hat der Große Senat des BFH die Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als dauernde Last auch dann anerkannt, wenn der Übernehmer vereinbarungsgemäß Geldvermögen zur Tilgung von Schulden verwendet und dadurch Zinsaufwendungen erspart, die nicht geringer sind als die zugesagten Versorgungsleistungen. Dem folgt freilich die Finanzverwaltung nicht, weil ersparte Zinsen nicht zu Erträgen i.S.v. ? 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG führten (BMF, Schreiben vom 16.9.2004, BStBl I 2004, 922, Tz. 21, letzter Absatz).
M.E. kann der Finanzverwaltung in dieser Allgemeinheit nicht beigepflichtet werden. Vielmehr ist eine differenzierende Lösung geboten und der zitierte Beschluss des Großen Senats des BFH dahin zu verstehen, dass die nach ? 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigte Vermögensübergabe für Zwecke der Schuldentilgung voraussetzt, dass die fortan ersparten Zinsen sich in höheren Erträgen eines zum Zweck der Einkünfteerzielung eingesetzten Vermögens niederschlagen.
Beispiel: Der Vater V überträgt seinem Sohn S einen Geldbetrag mit der Maßgabe, dass S hiermit langfristige Betriebsschulden seines gewerblichen Unternehmens ablöst.
Hier schlägt sich die Tilgung der Betriebsschulden künftig in höheren Erträgen des von S betriebenen Unternehmens nieder.
Gegenbeispiel: V überträgt S den Geldbetrag, damit dieser die durch seinen aufwendigen Lebenswandel verursachten Schulden ablöst.
In diesem Fall kommt eine begünstigte Vermögensübergabe im Gegensatz zum vorherigen Beispiel nicht in Frage.
Nach diesen Maßstäben hat das Besprechungsurteil die Übergabe eines Geldbetrags zum Zweck der Entschuldung des von der Klägerin eigen genutzten Einfamilienhauses m.E. zutreffend als dem Grund nach gem. ? 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigte Vermö...