Leitsatz
Die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes für ein Grundstücksunternehmen ist zu versagen, wenn es sich bei diesem Unternehmen um eine Organgesellschaft handelt, die sämtliche Grundstücke an eine andere Organgesellschaft derselben Organschaft verpachtet (Anschluss an Urteile des Bundesfinanzhofs vom 18.05.2011 – X R 4/10, BFHE 233, 539, BStBl II 2011, 887 und vom 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227). Dies gilt auch, wenn die pachtende Organgesellschaft diesen Grundbesitz an außerhalb des Organkreises stehende Dritte weitervermietet oder weiterverpachtet.
Normenkette
§ 2 Abs. 2 Satz 2, § 9 Nr. 1 Satz 2, Satz 5 Nr. 1 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie ist Konzernmutter und ertrag- wie umsatzsteuerlich Organträgerin. Zum Konzern gehören neben der als zentrale Managementgesellschaft tätigen W-GmbH noch weitere ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH organisierte Organgesellschaften, welche (anders als die W-GmbH) jeweils über einen eigenen Wohnungsbestand verfügen. Die W-GmbH war im Streitjahr 2016 als Dienstleisterin für zum Konzern gehörende Immobiliengesellschaften tätig. Bei ihr war die Verwaltung des Immobilienbesitzes angesiedelt. Die weiteren Organgesellschaften hatten ihre Wohnungen an ihre Schwestergesellschaft, die W-GmbH, zur Weitervermietung verpachtet. Die W-GmbH verbuchte die Pachtzahlungen an die anderen Organtöchter der Klägerin als Aufwand. Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG nahm sie nicht vor. Die anderen Organtöchter beanspruchten für sich die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, welche das FA jedoch versagte. Die dagegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 22.9.2022, 9 K 2833/21 G, Haufe-Index 15501338). Das FG gewährte statt der einfachen Kürzung die erweiterte Kürzung in Höhe der Differenz zwischen dem Gesamtbetrag der erweiterten Kürzung und dem nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnenden Betrag.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA, mit der sich dieses gegen die Gewährung der erweiterten Kürzung wandte, statt. Die Revision der Klägerin, mit der diese gegen die Gegenrechnung der Mieten vorging, wies der BFH zurück.
Hinweis
1.§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bestimmt, dass eine Kapitalgesellschaft, die Organgesellschaft i.S.d. § 14 oder § 17 KStG ist, als Betriebsstätte des Organträgers gilt (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Trotz dieser Fiktion bilden die Organgesellschaften und der Organträger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbstständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie). Die Organschaft führt jedoch dazu, dass die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet wird. Deshalb ist der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe – das sind die Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en) – allein gegenüber dem Organträger festzusetzen (BFH v. 30.10.2014, IV R 9/11, BFH/NV 2015, 277).
2. Für die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bedeutet dies, dass deren Voraussetzungen – also insbesondere die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes – bei den einzelnen Organgesellschaften und beim Organträger jeweils gesondert zu prüfen sind. Dem Organträger kann deshalb die erweiterte Grundstückskürzung nicht deshalb versagt werden, weil eine Organgesellschaft eine schädliche Tätigkeit ausübt.
3. Allerdings kann die Organschaft dazu führen, dass es bei der Zusammenrechnung der getrennt ermittelten Gewerbeerträge des Organträgers und der Organgesellschaften zu unberechtigten doppelten steuerrechtlichen Be- oder Entlastungen kommt. Hiervon ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der erweiterten Grundstückskürzung dann ausgegangen, wenn eine Organgesellschaft alle ihre Grundstücke an eine andere Organgesellschaft desselben Organkreises vermietet. Denn dann werden auf der Ebene des Organträgers die von der vermietenden Organgesellschaft erzielten Mieterträge bereits durch die von der mietenden Organgesellschaft erbrachten Mietaufwendungen neutralisiert. Eine Gewährung der erweiterten Kürzung für die Mieterträge der vermietenden Organgesellschaft würde zu einer doppelten Entlastung führen. Die erweiterte Kürzung ist daher in einem solchen Fall zu versagen (BFH v. 18.5.2011, X R 4/10, BFH/NV 2011, 1610). Für Geschäftsbeziehungen innerhalb des Organkreises gilt der Grundsatz, dass diese nicht zu Hinzurechnungen und Kürzungen führen, es sei denn, die Wirkungen der Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften gleichen sich aus.
4. Ohne Bedeutung ist, ob die anmietende Organgesellschaft den Grundbesitz verwendet, um damit in Geschäftsbeziehungen zu außerhalb des Organkreises stehenden Dritten zu treten. So verwendete die anmietende Organgesellschaft den Grundbesitz in dem vom X. Sen...