Leitsatz
Die Übernahme von Beitragsleistungen zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Arbeitgeber für sog. Kirchenbeamte stellt dann keinen Arbeitslohn dar, wenn die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die zugesagten beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge angerechnet werden sollen.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7, § 171 SGB VI
Sachverhalt
Der Kläger, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt Arbeitnehmer mit beamtenähnlichem Status (sog. Kirchenbeamte), denen er Dienst- und Versorgungsbezüge nach Maßgabe der Vorschriften für Beamte des Lands Niedersachsen zugesagt hat. Die Kirchenbeamten sind aufgrund der Versorgungszusage nicht versicherungspflichtig.
In den Arbeitsverträgen haben sich die Arbeitnehmer damit einverstanden erklärt, dass der Kläger "zur Sicherung der Alters- und Hinterbliebenenversorgung die Pflichtversicherung oder die freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung" für sie fortführt. Der Kläger erklärte sich für diesen Fall zur Übernahme der vollen Beitragsleistung bereit. Auf die Versorgungsbezüge sollten die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden.
Das FA sah die Zahlung der Beiträge für die in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig versicherten Arbeitnehmer durch den Kläger als zusätzlichen Arbeitslohn an. Es nahm ihn deshalb mit Haftungsbescheid in Anspruch. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Die Übernahme der Beitragsleistungen zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung sei bei den Arbeitnehmern nicht als Arbeitslohn zu erfassen. Die freiwillige Rentenversicherung diene hier nicht dem Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung, sondern nur der Sicherung und Finanzierung der Pensionszusage des Arbeitgebers. Die Fortführung der gesetzlichen Rentenversicherung komme nur dem Arbeitgeber zugute.
Hinweis
1. Der Normalfall: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehören zum Arbeitslohn auch Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang – wirtschaftlich betrachtet – so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht.
Leistet der Arbeitgeber dagegen Zuwendungen an eine Unterstützungseinrichtung, die dem Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch einräumt, sind erst die laufend von der Versorgungseinrichtung an den Arbeitnehmer ausgezahlten Bezüge als Arbeitslohn zu qualifizieren.
Nach diesen Grundsätzen stellen die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich Arbeitslohn dar, da die Arbeitnehmer Anspruchsinhaber gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung sind.
2. Im Streitfall bestand jedoch die folgende Besonderheit: Die Altersversorgung bei den vom Arbeitgeber angestellten sog. Kirchenbeamten richtete sich allein nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Die Kirchenbeamten hatten einen Anspruch auf Versorgungsbezüge nach Maßgabe der Vorschriften für Beamte im Dienst des Lands Niedersachsen. Nur weil auf diese Weise die zukünftige Versorgung ausreichend gesichert war, bestand Versicherungsfreiheit gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI.
Die gleichwohl fortgeführte freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung diente im Streitfall nicht dem Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung. Vielmehr wurden die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe auf die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge angerechnet. Die vom Arbeitgeber insoweit geleisteten Beiträge kamen demnach dem einzelnen Arbeitnehmer nicht zugute. Sie verbesserten seine Versorgungsposition nicht und erhöhen demgemäß auch nicht seine Leistungsfähigkeit.
Von der Möglichkeit der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung wurde im Besprechungsfall dann Gebrauch gemacht, wenn der Kirchenbeamte bei seiner Einstellung bereits Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung von einigem Ausmaß zurückgelegt hatte. Die insoweit bestehenden Anwartschaftsrechte machte sich der Kläger als Arbeitgeber dadurch zu eigen, dass er die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung "für" die Arbeitnehmer fortführte, um sich im Versorgungsfall durch Anrechnung der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge zu entlasten.
Die Funktion der freiwilligen Versic...