Leitsatz
Sind Ehegatten Miteigentümer einer selbstbewohnten Immobilie und ist lediglich der Ehemann Darlehensnehmer der bei Anschaffung der Immobilie aufgenommenen Kredite, so ist nur der Ehemann als Darlehensnehmer berechtigt, zur Tilgung dieser Kredite gefördertes Kapital im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu entnehmen, nicht aber die Ehefrau.
Sachverhalt
Die Klägerin beantragte im Juli 2020 - ebenso wie der Ehemann für seinen Altersvorsorgevertrag - die Entnahme von Kapital aus ihrem Altersvorsorgevertrag zur Sondertilgung der für die Finanzierung ihrer im Jahr 1998 erworbenen Immobilie aufgenommenen Darlehen. Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) lehnte den Antrag ab, da die Klägerin nicht unmittelbare Darlehensschuldnerin sei und aus diesem Grund für sie keine wohnungswirtschaftliche Verwendung vorliege. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, § 92a EStG fordere nicht die unmittelbare Schuldnerschaft für die zu tilgenden Darlehen. Eine derartige Auslegung würde dem Sinn und Zweck der geförderten Altersvorsorge widersprechen. Der Finanzierungszusammenhang ergebe sich bereits aus den übernommenen Bürgschaften und den Grundschuldlasten.
Entscheidung
Die zulässige Klage ist unbegründet. Nach Auffassung des FG könne die Klägerin mit dem begehrten Kapital aus ihrem Altersvorsorgevertrag kein eigenes Darlehen tilgen, welches zur Anschaffung einer begünstigten Immobilie von ihr aufgenommen worden wäre. Dies gelte auch dann, wenn - wie im Streitfall - die Ehefrau eine Mithaftung übernommen habe, indem sie eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Bezug auf die Darlehen abgegeben und eine Grundschuld zur Sicherung der Darlehen auf ihr Eigentum aufgenommen habe. Der Umstand, dass die Ehefrau zunächst nicht Gesamtschuldnerin gewesen sei, könne nicht durch den nachträglichen, nicht mehr mit der Darlehensaufnahme in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehenden Schuldbeitritt bzw. durch die Aufnahme der Ehefrau in die Darlehensverträge geheilt werden. Denn die zur Umschuldung vorgesehenen Darlehen seien von ihrem Ehemann vertraglich begründet worden.
Hinweis
Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung zur Altersvorsorgezulage, unter anderem auch wegen der Begünstigung von Ehegatten durch die Möglichkeit der mittelbaren Zulagenberechtigung, könnte bei einer über den Wortlaut hinausgehenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Begriff des Darlehens im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG extensiv zu verstehen sein. Die Revision wurde eingelegt, Az beim BFH R 6/22.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.04.2022, 15 K 15132/21