Leitsatz
1. Verwertet ein Insolvenzverwalter freihändig eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht eines Sicherungsgebers besteht, so erbringt er dadurch keine Leistung gegen Entgelt an den Sicherungsgeber. Die Verwertungskosten, die der Insolvenzverwalter in diesem Fall kraft Gesetzes vorweg für die Masse zu entnehmen hat, sind kein Entgelt für eine Leistung.
2. Vereinbaren der absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger und der Insolvenzverwalter, dass der Insolvenzverwalter ein Grundstück für Rechnung des Grundpfandgläubigers veräußert und vom Veräußerungserlös einen bestimmten Betrag für die Masse einbehalten darf, führt der Insolvenzverwalter neben der Grundstückslieferung an den Erwerber eine sonstige entgeltliche Leistung an den Grundpfandgläubiger aus. Der für die Masse einbehaltene Betrag ist in diesem Fall Entgelt für eine Leistung.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG, § 50, § 51, § 55, § 166, § 170, § 171 InsO
Sachverhalt
Der Insolvenzverwalter (Kläger) veräußerte die sicherheitsübereigneten Fahrzeuge des insolventen Autohauses sowie ein zum Nachlass gehörendes, mit einer Grundschuld belastetes Grundstück. Aus der Veräußerung der Fahrzeuge behielt der Kläger den Kostenbeitrag (die Feststellungs- und die Verwertungskostenpauschale) i.S.d. § 171 der Insolvenzordnung (InsO) ein und zahlte den Nettoerlös an den absonderungsberechtigten Gläubiger aus. Für den Grundstücksverkauf vereinbarte der Kläger mit der absonderungsberechtigten Bank eine Beteiligung am Verwertungserlös i.H.v. 4 % zugunsten der Masse. Diese Vorgänge berücksichtigte der Kläger umsatzsteuerlich nicht.
Das FA ging davon aus, dass lediglich die Feststellungspauschale gem. § 171 Abs. 2 InsO nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH entschied, es sei zu unterscheiden zwischen der gesetzlich geschuldeten und der vereinbarten Verwertungskostenpauschale.
Hinweis
Nach § 166 Abs. 1 InsO darf der Insolvenzverwalter eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat. In diesem Fall sind aus dem Verwertungserlös die Kosten der Feststellung (des Gegenstands und der Rechte an diesem) und der Verwertung des Gegenstands vorweg für die Insolvenzmasse zu entnehmen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 InsO). Aus dem verbleibenden Betrag ist unverzüglich der absonderungsberechtigte Gläubiger zu befriedigen (§ 170 Abs. 1 Satz 2 InsO). Der Insolvenzverwalter, der gem. § 166 Abs. 1 InsO eine bewegliche Sache freihändig verwertet, tut dies aufgrund der ihm durch die InsO zustehenden Befugnisse. Er entnimmt die Verwertungskosten dem Verwertungserlös aufgrund der ihm durch § 170 InsO eingeräumten Befugnis vor der Befriedigung des absonderungsberechtigten Gläubigers. Er handelt bei der freihändigen Verwertung weder im Auftrag des absonderungsberechtigten Gläubigers noch erhält er von diesem seine Verwertungskosten ersetzt. Die Verwertungskosten sind deshalb kein Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung des Insolvenzverwalters an den Sicherungsgeber. Dass sich die für die Masse einzubehaltende Pauschale nach dem Aufwand richtet, hielt der BFH nicht für entscheidend.
Anders ist es im Fall des freihändigen Verkaufs des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter. Außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt die Befriedigung des Grundpfandgläubigers aus dem Grundstück grundsätzlich im Weg der Zwangsvollstreckung (§§ 1147, 1192 BGB). Daneben kann der Grundpfandgläubiger aber auch den Grundstückseigentümer im Weg eines entgeltlichen Geschäftsbesorgungsauftrags gem. § 675 BGB beauftragen, das überschuldete Grundstück im eigenen Namen (des Grundstückseigentümers) für seine (des Grundpfandgläubigers) Rechnung zu veräußern. Der Grundstückseigentümer ist dann verpflichtet, dem Grundpfandgläubiger den Veräußerungserlös abzüglich des vereinbarten Entgelts herauszugeben. Damit liefert der bisherige Grundstückseigentümer dem Grundstückserwerber das Grundstück, gleichzeitig erbringt er dem Grundpfandgläubiger eine entgeltliche Geschäftsbesorgungsleistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegt.
Ähnlich ist es auch in der Insolvenz des Grundstückseigentümers. Die in § 165 InsO vorgesehene Verwertung von mit einem Absonderungsrecht belasteten Grundstücken durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung ist nicht zwingend; stimmt der Gläubigerausschuss oder die Gläubigerversammlung nach § 160 InsO zu, ist auch eine Verwertung durch freihändigen Verkauf möglich. Auch hier kommt ein Geschäftsbesorgungsvertrag in Betracht, wenn der absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger den Insolvenzverwalter gegen ein vereinbartes Entgelt beauftragt, das Grundstück für seine (des Grundpfandgläubigers) Rechnung zu veräußern. Dabei kann auch vereinbart sein, dass der Insolvenzverwalter das vereinbarte Entgelt von dem Veräußerungserlös für die Masse einbehalten darf. Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag oder bei sonstigen gegenseitigen Verträgen i...