Leitsatz
1. An der in ständiger Spruchpraxis des BFH sowie in ständiger Verwaltungspraxis vertretenen sog. gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis festzuhalten.
2. Die im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis für die Ermittlung der Gewerbeerträge der Organgesellschaft und des Organträgers nach § 7 Satz 1 (i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2) GewStG 2002 maßgebenden Vorschriften des KStG zur Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb umfassen auch die in § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 (i.V.m. § 8b Abs. 1 bis 6) KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) angeordnete sog. Bruttomethode (Übereinstimmung mit BMF, Schreiben vom 26.8.2003, BStBl I 2003, 437, dort Rz. 28 ff.).
3. Deswegen ist – zum einen – bei der Organgesellschaft ein von dieser vereinnahmter Gewinn aus Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft bei der Berechnung des Kürzungsbetrags im Rahmen des sog. gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG nicht nach § 9 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) um fiktive nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG (der sog. Schachtelstrafe) zu vermindern, und beim Organträger ist der Gewinn aus den Kapitalanteilen – zum anderen – infolge des der Organgesellschaft gewährten sog. Schachtelprivilegs in dem ihm (nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) zugerechneten Gewerbeertrag nicht i.S.v. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) enthalten, weshalb auch bei ihm keine Hinzurechnung von fiktiven nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG vorzunehmen ist; eine sich daraus ggf. ergebende "Hinzurechnungslücke" lässt sich weder durch Auslegung oder Analogie noch durch eine spezifisch organschaftliche Korrektur über § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG schließen.
Normenkette
§ 2 Abs. 2 Satz 2, § 7 Satz 1, § 9 Nr. 2a Satz 4 und Nr. 7 Satz 1 GewStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007), § 8b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1, § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG)
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war im Streitjahr 2006 alleinige Gesellschafterin der Y GmbH und dieser im Rahmen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft als Organträgerin verbunden. Die Y GmbH wiederum war zu 72,3 % an einer italienischen Kapitalgesellschaft, der Y S.p.A., beteiligt.
Im Streitjahr bezog die Y GmbH von der Y S.p.A. eine Dividende, die die Y GmbH bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1 GewStG in Einklang mit § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. SEStEG zunächst als Gewinn erfasste und sodann nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG wieder herauskürzte; eine Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben auf die Dividende nach Maßgabe von § 9 Nr. 7 Satz 3 und § 9 Nr. 2a Satz 4 (und § 36 Abs. 8 Satz 5) GewStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG unterblieb. Die Klägerin bezog den ihr von der Y GmbH nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zugerechneten Gewerbeertrag bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags ein. Auch sie sah von einer Hinzurechnung der auf die Dividende der Y S.p.A. entfallenden nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 (und § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2) KStG i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG ab.
Das FA folgte letzterem im Ergebnis unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 26.8.2003 (BStBl I 2003, 437) nicht (s. auch OFD Münster, Verfügung vom 4.9.2006, G 1421 138 St 12 33, Fallbeispiel 3.1).
Die Klage gegen den hiernach ergangenen GewSt-Messbescheid war erfolgreich (FG Münster, Urteil vom 14.5.2014, 10 K 1007/13 G, Haufe-Index 7016727, EFG 2014, 1511).
Entscheidung
Und das blieb sie auch vor dem BFH. Dieser wies die Revision des FA zurück. Der Klägerin sei die "volle" Schachtelprivilegierung nach § 8b KStG zuzugestehen. Eine Schachtelbestrafung nach § 8b Abs. 5 KStG scheide aus. Die Gründe dafür ergeben sich im Einzelnen aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Das Urteil war – so hört man aus Verwaltungskreisen – exakt so, wie es nun ergangen ist, auch erwartet worden. Doch hinderte das die Finanzverwaltung nicht, "kräftig" um ein anderes Ergebnis zu "kämpfen". Worum ging und geht es?
1. § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 KStG ordnet für den körperschaftsteuerrechtlichen Organkreis die sog. Bruttomethode an: Zwar sind die Einkommen von Organgesellschaft und Organträger unbeschadet der Organschaftsbeziehung unabhängig und isoliert voneinander zu ermitteln. Doch gilt das nicht für Dividendeneinkünfte der Organgesellschaft aus §-8b-relevanten (Unter-)Beteiligungen. § 8b Abs. 1 bis 6 KStG ist insofern nicht anzuwenden.
Die empfangenden Dividenden bleiben also in die Bemessungsgrundlage einbezogen und werden dem Organträger mitsamt den sonstigen Einkommensbestandteilen "brutto" zugerechnet. Erst auf der Besteuerungsebene des Organträgers gelangt man zur Anwendung des § 8b KStG. Die besagten Dividenden bleiben bei ihm außer Ansatz. Zugleich wird er i.H.v. 5 % nach § 8b Abs. 5 KStG"schachtelbestraft".
2. Soweit so gut. Gilt das aber genauso für die Gewerbesteuer?
a) § 2 A...