Leitsatz
1. Finanziert der Steuerpflichtige die Anschaffung eines Gebäudes, das nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der (nichtsteuerbaren) Selbstnutzung dient, mit Eigenmitteln und Darlehen, kann er die Darlehenszinsen insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, als er das Darlehen tatsächlich zur Anschaffung des der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteils verwendet (Anschluss an BFH, Urteil vom 27.10.1998, IX R 44/95, BStBl II 1999, 676; gegen BMF-Schreiben vom 10.12.1999, BStBl I 1999, 1130).
2. Der Werbungskostenabzug setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten im Rahmen seiner Finanzierungsentscheidung dem ein eigenständiges Wirtschaftsgut bildenden Gebäudeteil gesondert zuordnet und die so zugeordneten Anschaffungskosten mit Geldbeträgen aus dem dafür aufgenommenen Darlehen zahlt.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erwarb ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück. Von dem Kaufpreis entfiel auf die zur Fremdvermietung bestimmte und vom Kläger tatsächlich vermietete Obergeschosswohnung ein Kaufpreisanteil von 115?480,56 DM und auf die eigen genutzte Erdgeschosswohnung ein Kaufpreisanteil von 152?519,44 DM. Die Zahlung sollte auf ein Notaranderkonto erfolgen.
Zur Finanzierung des Objekts schloss der Kläger drei Darlehensverträge, von denen er einen (Darlehen 00) – über die Darlehenssumme von 115?480 DM – der Obergeschosswohnung zuordnete. Die beiden anderen Verträge ordnete er der zur Eigennutzung bestimmten Wohnung im Erdgeschoss zu. Nach Eingang der drei getrennt überwiesenen Darlehensbeträge auf dem Notaranderkonto kehrte der Notar den Gesamtkaufpreis von 268?000 DM in einer Summe aus.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1994) machte der Kläger die für das Darlehen 00 gezahlten Schuldzinsen in Höhe von 7?815 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die vermietete Obergeschosswohnung geltend. Das FA erkannte diesen Betrag nicht an, sondern berücksichtigte lediglich Schuldzinsen in Höhe von 5?275 DM (= 43,09?% der gesamten Schuldzinsen entsprechend dem Anteil der vermieteten Wohnung an der gesamten Wohnfläche). Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Die Revision des FA blieb erfolglos.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zutreffend die Schuldzinsen – ungekürzt – als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, weil der Kläger den Kaufpreis bereits im notariellen Kaufvertrag auf die zu vermietende Obergeschosswohnung sowie auf die eigen genutzte Erdgeschosswohnung aufgeteilt und damit das – nur für die Obergeschosswohnung aufgenommene – Darlehen 00 den Anschaffungskosten für diese Wohnung zugeordnet habe. Des Weiteren habe er auch den darauf entfallenden Teil der Anschaffungskosten tatsächlich mit den Mitteln aus dem Darlehen 00 bezahlt.
Dass der Notar den gesamten Kaufpreis von dem Notaranderkonto ausgekehrt habe, stehe nicht entgegen, weil jedenfalls die vom Kläger in seinem Bereich vorgenommene Zuordnung mit der überweisung der Darlehenssummme auf das Notaranderkonto eindeutig erfolgt sei.
Hinweis
1. Schuldzinsen (und sonstige Kreditkosten) sind als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Diese Voraussetzung erfüllen Zinsen auf ein Darlehen, soweit dieses tatsächlich zum Erzielen von Einkünften – im vorliegenden Fall von solchen aus Vermietung und Verpachtung – verwendet worden ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8.12.1997, GrS 1-2/95, BStBl II 1998, 193). Soweit sie – wie bei Verwendung für den eigen genutzten Teil eines Gebäudes – nicht der Einkünfteerzielung dienen, sind sie nur anteilig abziehbar. Entscheidend für den ungekürzten Werbungskostenabzug bei teils eigen genutzten, teils fremd vermieteten Gebäuden ist danach, ob der Steuerpflichtige Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt und eindeutig dem der Fremdvermietung dienenden Gebäudeteil zugeordnet und damit tatsächlich die darauf entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten finanziert hat.
2. Diese – zum Werbungskostenabzug bei Errichtung gemischt genutzter Gebäude entwickelten – Grundsätze müssen nach Auffassung des BFH gleichermaßen gelten, wenn der Steuerpflichtige ein Grundstück erwirbt; denn maßgebend für den Schuldzinsenabzug ist allein der – auch im Fall des Grundstückserwerbs gegebene – Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftsgut und der Darlehensaufnahme. Der gegenteiligen Aufassung des BMF hat sich der BFH deshalb nicht angeschlossen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 9.7.2002, IX R 65/00