LfSt Bayern v. 2.8.2011, S 0202.2.1 - 4/1 St 42
1. Form und Nachweis der Vollmacht
Die Vollmacht zur Vertretung im Besteuerungsverfahren kann nicht nur schriftlich, sondern auch auf andere Weise erteilt werden. Sie ist für die Finanzbehörde nur dann beachtlich, wenn sie ihr, zumindest durch konkludentes Handeln, angezeigt wird (vgl. BFH vom 4.8.1999, X B 209/98, BFH/NV 2000 S. 163).
Die für Angehörige der steuerberatenden Berufe (§ 3 StBerG) geltende Vermutung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch den Steuerpflichtigen (vgl. AEAO zu § 80, Nr. 1) gilt auch für Lohnsteuerhilfevereine (§ 4 Nr. 11 StBerG) und andere Einrichtungen i.S. des § 4 StBerG (Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen), soweit diese zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind. Von der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe kann bereits dann ausgegangen werden, wenn in der Steuererklärung angegeben wurde, dass dieser an der Erstellung der Erklärung mitgewirkt hat.
Im Zweifelsfall ist zu klären, ob eine Vollmacht (noch) besteht. Dies kann z.B. dann geboten sein, wenn in der vom Steuerpflichtigen zuletzt eingereichten Steuererklärung im Gegensatz zu früheren Steuererklärungen eine Mitwirkung durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe nicht mehr erkennbar ist.
2. Umfang der Vollmacht
Die Vollmacht berechtigt den Bevollmächtigten zur Vornahme aller Verfahrenshandlungen, soweit der Steuerpflichtige die Vollmacht nicht ausdrücklich eingeschränkt und die Einschränkung dem FA mitgeteilt hat. Ist keine ausdrückliche Empfangsvollmacht dem FA vorgelegt worden, berechtigt die bloße Vollmacht nach § 80 AO nicht zur Entgegennahme von Steuerverwaltungsakten, da § 122 Abs. 1 Satz 3 AO als „lex spezialis” dem § 80 Abs. 3 Satz 1 AO vorgeht.
Hat der Steuerpflichtige dem FA jedoch eine schriftliche Vollmacht vorgelegt, wonach der Bevollmächtigte berechtigt ist, für den Steuerpflichtigen rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, so umfasst die Vollmacht auch den Empfang von Steuerbescheiden und sonstigen Verwaltungsakten (vgl. BFH-Urteile vom 24.4.1985, I S 1/85, BFH/NV 1986 S. 320 und vom 22.7.1987, I R 180,181/84, BFH/NV 1988 S. 274).
Zur Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten an den Bevollmächtigten vgl. AEAO zu § 122 Nr. 1.7.
Eine dem FA vorgelegte, mit der Steuernummer für die laufend veranlagten Steuern versehene Vollmachtsurkunde erstreckt sich nur auf die unter dieser Steuernummer erfassten Steuerarten, nicht dagegen auf sonstige Bereiche wie Einheitsbewertung des Grundvermögens, Grunderwerbsteuer oder Erbschaftsteuer (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1994, II R 131/91, BFH/NV 1995 S. 475). Das Gleiche gilt, wenn im Fragebogen zur Gewerbeanmeldung ein Empfangsbevollmächtigter benannt wird; denn dieser Fragebogen bezieht sich ersichtlich (nur) auf die steuerlichen Angelegenheiten, die sich aus der Betriebseröffnung ergeben, d.h. auf die sich daran anschließenden laufend veranlagten Steuern.
Die bayerische Finanzverwaltung hat gemeinsam mit den Steuerberaterkammern München und Nürnberg eine Standard-Vollmacht entwickelt.
Die beiden Steuerberaterkammern stellen diese Standard-Vollmacht jeweils auf ihrer Homepage zum Download für ihre Mitglieder zur Verfügung. Zugleich empfehlen sie den Gebrauch dieses Formulars.
Desweiteren hat die Finanzverwaltung mit Vertretern des Verbandes der Lohnsteuerhilfevereine und eines Lohnsteuerhilfevereines eine Standardvollmacht entwickelt.
Die Standard-Vollmachten sind als Anlagen dieser Karteikarte beigefügt.
3. Beachtung der Vollmacht durch das FA
Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sollen der Schriftwechsel und die Verhandlungen im Besteuerungsverfahren mit ihm geführt werden (§ 80 Abs. 3 Satz 1 AO). Demgemäß ist das FA bei erteilter Vollmacht grundsätzlich gehalten, sich wegen notwendiger Rückfragen und Auskünfte ausschließlich mit dem Bevollmächtigten in Verbindung zu setzen und diesem auch schriftliche Antworten und Mitteilungen auf Anträge, Anfragen, Einwendungen u. dgl. zu übermitteln. So sind z.B. bewilligende oder ablehnende Entscheidungen über Anträge auf Stundung, Erlass oder Aussetzung der Vollziehung stets dem Bevollmächtigten zuzusenden, wenn dieser für den Steuerpflichtigen den Antrag gestellt hat. Dies gilt auch in den Fällen, in denen dem FA eine schriftliche Vollmacht, die den Bevollmächtigten ausdrücklich zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt, nicht vorliegt.
Nur in Ausnahmefällen ist es ermessensfehlerfrei, wenn sich das FA unmittelbar an den Beteiligten wendet. Dies ist neben dem im AEAO zu § 80, Nr. 4 genannten Beispiel etwa dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte auf Zuschriften des FA nicht reagiert, wenn er nicht erreichbar ist oder wenn zweifelhaft ist, ob die Vollmacht noch besteht. Auch in diesen Fällen ist der Bevollmächtigte gem. § 80 Abs. 3 Satz 3 AO zu verständigen, z.B. durch Übersendung einer Abschrift des an den Beteiligten gerichteten Schriftsatzes.
4. Erlöschen der Vollmacht
Hat der Beteiligte einen Bevo...