Der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft bzw. -gemeinschaft, die nicht unter § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG fällt, gilt als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter (§ 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG). Die in diesem Zuge übergehenden Schulden und Lasten der Gesellschaft sind bei der Ermittlung der Bereicherung wie eine Gegenleistung zu behandeln (§ 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG). Im Gegensatz zu den Regelungen nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG darf es sich daher für die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht um Betriebsvermögen handeln. Die Besitzposten und Gesellschaftsschulden können daher auch nicht zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden (R E 10.4 Abs. 1 Satz 1 ErbStR), sondern sind den Gesellschaftern anteilig als Bruchteilseigentum i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnen (R E 10.4 Abs. 1 Satz 2 ErbStR; s. dazu auch die bereits aufgestellten Grundsätze).
Die Schulden sind von den Vermögensgegenständen i.R.d. Ermittlung der Bereicherung abzuziehen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG; R E 10.4 Abs. 2 Satz 3 ErbStR).
Beim Erwerb von Todes wegen, gelten die Gesellschaftsschulden als Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5 ErbStG) und bei einer Schenkung unter Lebenden als Gegenleistung, die zu einer gemischten Schenkung führen können (R E 10.4 Abs. 2 Satz 4 ff. ErbStR). Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bezweckt die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG somit die Anwendung der Grundsätze einer gemischten Schenkung (Kotzenberg / Riedel, Ubg 2020, 332). Das heißt, die Fiktion des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist in diesem Sinn bei dem Erwerb von Todes wegen ohne Belang, da die Gesellschaftsschulden hierbei als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen sind und sich das Ergebnis der Wertermittlung nicht verändert (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, 62. EL 7/2021, § 10 ErbStG Rz. 59; Geck in Kapp/Ebeling, 12. Aufl. 91. EL, § 10 ErbStG Rz. 52.2).
Im Gegensatz zu gesonderten Feststellungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 BewG sind bei Feststellungen einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bzw. Gemeinschaft (§ 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG) keine Angaben zu §§ 13a Abs. 4, 13b Abs. 10 ErbStG zu machen, da insoweit auch kein begünstigungsfähiges Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG vorliegt (Halaczinsky in Rössler/Troll, 34. EL 1/2022, § 151 BewG Rz. 27).
Eine weitere Besonderheit besteht, wenn ein Anteil an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft übertragen wird, die wiederum an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zu mehr als 25 % beteiligt ist. Hierbei ist zwar auch weiterhin von einem Erwerb der Miteigentumsanteile an diesen Beteiligungen auszugehen, jedoch kommen die Entlastungen nach §§ 13a ff. ErbStG nicht in Betracht, da es an der unmittelbaren Beteiligung an der Kapitalgesellschaft fehlt (Königer in BeckOK/ErbStG, 15. Ed., § 10 Rz. 82; H E 10.4 ErbStH). Diese ist jedoch erforderlich. Zwar wird ertragsteuerlich auf die hinter der vermögensverwaltenden Gesellschaft stehenden Personen durchgegriffen, jedoch wird die erbschaftsteuerlich erforderliche, unmittelbare Beteiligung durch höchstrichterliche Rspr. verneint (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, 62. EL. 7/2021, § 10 ErbStG Rz. 59; Geck in Kapp/Ebeling, 12. Aufl., 91. EL, § 13b ErbStG Rz. 54; BFH v. 11.6.2013 – II R 4/12, BStBl. II 2013, 742). Die vermögensverwaltende Gesellschaft kann zivilrechtlich Trägerin von Rechten und Pflichten sein und besitzt daher eine eigene Rechtssubjektivität, durch die sie Gesellschafterin einer anderen Personenhandels- oder Kapitalgesellschaft sein kann (Geck in Kapp/Ebeling, 12. Aufl., 91. EL, § 13b ErbStG Rz. 54).
Bei vermögensverwaltenden Gesellschaften und Gemeinschaften handelt es sich häufig um den Zusammenschluss mehrerer Personen mit dem Zweck Immobilien zu vermieten, so dass die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke nach § 13d ErbStG in Betracht kommt. Nach § 13d Abs. 1 ErbStG können Grundstücke i.S.d. § 13d Abs. 3 ErbStG mit 90 % ihres Wertes angesetzt werden, wenn es sich um ein bebautes Grundstück (oder einen Grundstücksteil) handelt, welches zu Wohnzwecken vermietet wird, im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen ist und nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13a ErbStG gehört. Da der Erwerb von Gesellschaftsanteilen nach § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt, kann die Steuerbefreiung (genauer gesagt der Bewertungsabschlag) des § 13d ErbStG auch auf die entspr. Grundstücke angewendet werden, die sich in einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bzw. Gemeinschaft befinden (Geck in Kapp/Ebeling, 12. Aufl., 91. EL, § 13d ErbStG Rz. 7; Kotzenberg/Riedel, Ubg 2020, 334). Daneben ist es bei zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücken möglich, den Bewertungsabschlag nach § 13d ErbStG in Anspruch zu nehmen, wen...