Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Handelt es sich bei Aminosäuremischungen wie denen des Streitfalls, aus welchen (in Verbindung mit Kohlehydraten und Fetten) ein Nahrungsmittel hergestellt wird, mit dem ein grundsätzlich lebensnotwendiger, in der normalen Ernährung vorhandener, im Einzelfall aber allergieauslösender Stoff ersetzt wird und dadurch allergiebedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen vermieden und die Linderung oder sogar Heilung bereits eingetretener Schäden ermöglicht werden, um eine zu prophylaktischen oder therapeutischen Zwecken aus mehreren Bestandteilen gemischte Arzneiware i.S.d. Pos. 3003 der Kombinierten Nomenklatur?
Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen sein sollte:
2. Handelt es sich bei den Aminosäuremischungen um Nährstoffzubereitungen der Pos. 2106 der Kombinierten Nomenklatur, die nach Anmerkung 1 Buchst. a zu Kap. 30 der Kombinierten Nomenklatur aus diesem Kapitel ausgewiesen sind, weil sie keine über die Zuführung von Nahrung hinausgehende prophylaktische oder therapeutische Wirkung entfalten?
Normenkette
Pos. 2106 KN, Pos. 3003 KN, Nr. 1777/2001 VO (EG)
Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen gegen die ihr erteilte vZTA, mit denen die streitigen Produkte zolltariflich als Lebensmittelzubereitungen eingereiht worden sind. Das FG wies die Klage ab (FG Hamburg, Urteil vom 19.9.2012, 4 K 21/11, Haufe-Index 3516577).
Entscheidung
Der BFH hat das Verfahren aus den ebenfalls in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen ausgesetzt und den EuGH um Vorabentscheidung ersucht.
Hinweis
Um auf sicherer Basis kalkulieren zu können, kann ein Importeur eine sog. verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) beantragen, die eine bestimmte, künftig einzuführende Ware in eine Position bzw. Unterposition der Kombinierten Nomenklatur (KN) einreiht. Hält er diese Einreihung durch die Zollverwaltung für unzutreffend, kann die vZTA angefochten werden.
Hier ging es um die Einreihung verschiedener Aminosäuremischungen, die für die Herstellung von Nahrung für Säuglinge und Kinder mit einer Kuhmilchallergie verwendet werden. Mit Hilfe dieser speziellen Nahrung soll Gesundheitsstörungen und Mangelerscheinungen vorgebeugt werden, indem in den Aminosäuremischungen die wegen der Allergie unverträglichen Proteine durch nicht allergieauslösende Proteine ersetzt werden.
Während die Klägerin die Einreihung der Aminosäuremischungen in die KN als "Arzneiwaren" für richtig hält, hat das HZA jeweils vZTA erteilt, welche die Waren als "Lebensmittelzubereitungen" einreihen. Der BFH hält die Tarifauffassung des HZA für zutreffend, hat aber gleichwohl den EuGH um Vorabentscheidung ersucht, weil es eine Gerichtsentscheidung eines britischen Upper Tribunal gibt, der zufolge die gleichen Waren wie diejenigen des Streitfalls als "Arzneiwaren" anzusehen sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 20.5.2014 – VII R 37/12