Leitsatz
Eine phasengleiche Aktivierung des Dividendenanspruchs beim Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kommt u.a. in Betracht, wenn dieser einen vor dem Abschlussstichtag gefassten konkreten Absichtsbeschluss der Gesellschafter, der den Gewinnverwendungsbeschluss vorwegnimmt, glaubhaft machen kann und keine wesentlichen Bilanzierungswahlrechte der ausschüttenden Gesellschaft bestehen.
Sachverhalt
Die A-GmbH hat in ihrer Steuererklärung des Jahres 1989 unter Vorlage einer Steuerbescheinigung ihrer Tochtergesellschaft (D-GmbH) über eine Gewinnausschüttung am 27.10.1990 für 1989 i.H.v. 2.651.750 DM zzgl. anrechenbarer KSt i.H.v. 1.491.609 DM ein Einkommen i.H.v. 2.371.056 DM erklärt, wobei Verlustvorträge von insgesamt 1.787.692 DM berücksichtigt wurden. Zu der Gewinnausschüttung liegt insbesondere das Protokoll einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der D-GmbH vor, welches als Datum den 22.12.1989 ausweist. Das Protokoll hat auszugsweise folgenden Wortlaut: "Der sich zum 31.12.1989 ergebende Bilanzgewinn wird an dem auf die Bilanzfeststellung folgenden Tag ausgeschüttet, und zwar in der Höhe, in der die Ausschüttung aus dem körperschaftsteuerlichen Eigenkapitalanteil gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG möglich ist."
Das Finanzamt vertrat in der Ende 1993 bei der A-GmbH durchgeführten Außenprüfung die Auffassung, der Dividendenanspruch aufgrund der Gewinnausschüttung für 1989 dürfe bei der A-GmbH nicht bereits in 1989, sondern erst in 1990 aktiviert werden. Der Dividendenanspruch sei in der Regel dann zu bilanzieren, wenn ein Gewinnverteilungsbeschluss vorliege und hierdurch ein verfügbarer Rechtsanspruch des Gesellschafters in bestimmter Höhe endgültig begründet worden sei. Ein Gewinnverteilungsbeschluss setze eine zuvor erfolgte Feststellung des Jahresabschlusses mit einem zu verteilenden Gewinn voraus. Deshalb scheide der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. 12.1989 als ledigliche Absichtserklärung, den noch festzustellenden Gewinn auszuschütten, als Gewinnverteilungsbeschluss aus. Darüber hinaus liege ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO vor, da lediglich die Verlustvorträge steuerlich nutzbar gemacht worden seien. Das Finanzamt nahm demzufolge keine Steueranrechnung mehr vor und forderte den aufgrund der vorgehenden Veranlagungen erstatteten Betrag i.H.v. 826.755 DM zurück.
Hiergegen legte die A-GmbH Einspruch ein mit der Begründung, eine zeitkongruente Aktivierung des Dividendenanspruchs sei zulässig. Auch liege kein Fall des § 42 AO vor, weil keine Gesetzesnormen bestanden hätten, die sich gegen eine Verlustverrechnung anführen ließen. Nach Zurückweisung des Einspruchs hat die A-GmbH Klage erhoben.
Entscheidung
Die Klage ist begründet. Die A-GmbH durfte die Dividenden- und Steueranrechnungsansprüche aufgrund der Gewinnausschüttung der D-GmbH für 1989 bereits zum 31.12.1989 aktivieren. Grundsätzlich ist die Möglichkeit der Aktivierung einer Dividendenforderung vor Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses zu verneinen. Die wirtschaftliche Abspaltung einer solchen Dividendenforderung von der ihr zugrunde liegenden Beteiligung kann zeitlich früher nur ausnahmsweise dann und insoweit angenommen werden, als zum Bilanzstichtag ein Bilanzgewinn der Gesellschaft auszuweisen ist, der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn den Gesellschaftern bekannt ist und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Dazu bedarf es nach Ansicht des erkennenden Senats aber nicht stets zwingend der Festlegung eines bezifferten Betrages, sondern ausreichend ist die Festlegung eines bestimmten Berechnungsschemas, wenn anhand dessen am Bilanzstichtag die Höhe der beabsichtigten Gewinnausschüttung weitestgehend genau bestimmt werden kann. An einer derartigen hinreichenden Genauigkeit kann es etwa fehlen, wenn Bilanzierungswahlrechten bezogen auf die Verhältnisse des Einzelfalls eine nicht unerhebliche Bedeutung beizumessen ist. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen hat die A-GmbH als Gesellschafterin der D-GmbH mit dem Gesellschafterbeschluss vom 22.12.1989 hinreichend ihre feste Ausschüttungsabsicht und den Inhalt/Umfang der beabsichtigten Gewinnausschüttung festgelegt. Im Streitfall bestanden nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten keine bzw. allenfalls unwesentliche Bilanzierungswahlrechte, welche die Höhe des Gewinns der D-GmbH hätten beeinflussen können. Eine anderweitige Besteuerung folgt auch nicht aus § 42 AO, da vor dem zeitlichen Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 KStG keine wirtschaftliche Identität für einen Verlustabzug erforderlich war. Gestaltungen zur Ausnutzung eines zulässigen Verlustvortrags sind jedoch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
Hinweis
Das Urteil vermag nicht zu überraschen, da es auf der Rechtssprechung des BFH beruht (BFH, Urteil v. 7.8.2000, GrS 2/99, BStBl 2000 II S. 632). Mit Einführung des Halbe...