Leitsatz
Ein wirksamer Antrag auf "schlichte" Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zugunsten des Steuerpflichtigen muss das verfolgte Änderungsbegehren innerhalb der Einspruchsfrist seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen zu erkennen geben. Angaben zur rein betragsmäßigen Auswirkung der Änderung auf die Steuerfestsetzung (z.B.: "die Steuer auf ... Euro festzusetzen") sind für einen wirksamen Antrag weder erforderlich noch – für sich genommen – ausreichend.
Normenkette
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Sachverhalt
Das FA setzte die ESt 2000 für die Kläger (Eheleute) wegen Nichtabgabe der Steuererklärung durch Schätzung fest. Innerhalb der Einspruchsfrist stellten die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger am 21.9.2003 einen Antrag auf "schlichte Änderung". Sie beantragten, die Steuer auf "null" herabzusetzen, und kündigten an, die Steuererklärung nachzureichen.
Das FA lehnte diesen Änderungsantrag ab. Mit dem dagegen erhobenen Einspruch kündigten die Kläger erneut die baldige Einreichung der Steuererklärung an.
Die von den Klägern nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte vor dem FG Erfolg (EFG 2006, 312).
Auf die Revision des FA hob der BFH indessen die FG-Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidung
Ein Antrag auf "schlichte" Änderung sei nicht hinreichend bestimmt, wenn er – wie im Streitfall – lediglich auf die Herabsetzung der Steuer auf "null" oder auf einen beliebigen anderen, näher bezeichneten Betrag gerichtet sei. Dies gelte auch dann, wenn der Antrag hinsichtlich der Korrekturpunkte im Einzelnen auf eine zu einem späteren Zeitpunkt (außerhalb der Einspruchsfrist) nachzureichende Steuererklärung verweise.
Hinweis
Das vorliegende Urteil entwickelt die in der bisherigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteile vom 27.10.1993, XI R 17/93, BStBl II 1994, 439 und vom 21.10.1999, I R 25/99, BStBl II 2000, 283) zum Antrag auf "schlichte Änderung" eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO dargelegten Grundsätze konsequent fort.
Für die Praxis lässt sich aus dem Besprechungsurteil die folgende wichtige Erkenntnis ableiten: In Schätzungsfällen ist jedenfalls dann, wenn die Steuererklärung nicht bereits innerhalb der Einspruchsfrist beim FA eingereicht werden kann, dringend anzuraten, statt den (hier unwirksamen) Antrag auf "schlichte Änderung" zu stellen, Einspruch einzulegen. Das hiermit verbundene Risiko der Verböserung (vgl. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO) und der Präklusion (§ 364b Abs. 2 Satz 1 AO) kann – wie das Besprechungsurteil belegt – durch einen anstelle des Einspruchs gestellten Antrag auf "schlichte Änderung" nicht wirksam umgangen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.12.2006, X R 30/05