Leitsatz
§ 36a EStG schließt die Anrechnung von Körperschaftsteuer unter bestimmten Voraussetzungen aus, "soweit die anzurechnende Körperschaftsteuer nicht durch die ihr entsprechende gezahlte Körperschaftsteuer gedeckt ist". Bei der in diesem Sinn "entsprechenden gezahlten Körperschaftsteuer" handelt es sich um diejenige, die auf das für die Ausschüttung gem. § 28 Abs. 3 KStG als verwendet geltende Eigenkapital entfällt, und nicht um jene für das jeweilige Gewinnjahr.
Normenkette
§ 36a EStG aF
Sachverhalt
Der Kläger hielt 50 % der Anteile an einer GmbH, wobei an seiner Beteiligung eine ebenfalls 50%ige Unterbeteiligung bestand. Die GmbH schüttete an den Kläger im Streitjahr 1990 offen und verdeckt Gewinne aus und erteilte die entsprechenden Steuerbescheinigungen.
Das FA erfasste die Ausschüttungen bei der ESt-Veranlagung des Klägers nur anteilig als Kapitalerträge und rechnete nur das auf diesen Anteil entfallende KSt-Guthaben an. Eine volle Berücksichtigung unterblieb gem. § 36a EStG aF, weil die GmbH, über deren Vermögen zwischenzeitlich das Konkursverfahren eröffnet worden war, von der gegen sie festgesetzten KSt lediglich einen Teil gezahlt hatte.
Entscheidung
Der BFH hob das teilweise stattgebende FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Zwar komme ggf. nur eine teilweise KSt-Anrechnung in Betracht. Allerdings bleibe einiges aufzuklären, und zwar zu den in den Praxis-Hinweisen unter 3. dargelegten Tatbestandserfordernissen des § 36a EStG aF: der Frage nach dem Beginn der Vollstreckung und der Frage nach den verwendeten EK-Beständen.
Hinweis
1. Das KSt-Anrechnungsverfahren ist abgeschafft, seine Probleme werden den Praktiker aber noch einige Zeit verfolgen. Dazu klärt das Besprechungsurteil so manches, was die Frage der Anrechnung beim Anteilseigner anbelangt, wenn die ausschüttende Kapitalgesellschaft ihren "Part" säumig geblieben ist und die gegen sie festgesetzte Steuerschuld ganz oder teilweise nicht gezahlt hat. Die Probleme entstehen hier namentlich dadurch, dass das Gesetz zwar seiner "Idee" nach darauf angelegt ist, zwischen KSt-Zahlung durch die ausschüttende Körperschaft und KSt-Anrechnung beim Anteilseigner eine gewisse Korrespondenz herzustellen, dass es, um diese Idee umzusetzen, indes an einer verfahrensrechtlichen Verknüpfung des KSt- und des ESt-Bescheides mangelt. Stattdessen behilft sich das Gesetz mit einem (abschließenden) Katalog einschlägiger Ausnahme-Fallgruppen in § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG aF, in denen die Anrechnung beim Anteilseigner versagt werden darf.
2. Der Urteilsfall beschäftigt sich vor allem mit dem Versagungsgrund in § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a i.V.m. § 36a EStG aF. Hiernach scheidet die Anrechnung bei einem Anteilseigner, der die ausschüttende Körperschaft zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Jahr der Ausschüttung beherrscht hat oder an ihr wesentlich beteiligt war, aus, "soweit die anzurechnende KSt nicht durch die ihr entsprechende gezahlte KSt gedeckt ist und nach Beginn der Vollstreckung wegen dieser rückständigen KSt anzunehmen ist, dass die vollständige Einziehung keinen Erfolg haben wird".
3. Zu diesen vielfältigen Tatbestandsvoraussetzungen hat der BFH nun einige praxisrelevante Statements abgegeben, die Sie beachten sollten:
(1.) Eine wesentliche Beteiligung i.S.v. § 36a EStG aF liegt gem. § 36a Abs. 2 Satz 2 EStG aF bei einer mehr als 25%igen Beteiligung vor. Besteht an dieser Beteiligung eine typische stille Unterbeteiligung, so wird dieser Prozentsatz nicht unterschritten. Das ist nicht nur für § 36a EStG aF, vielmehr auch für § 17 EStG bedeutsam.
(2.) Mit der Vollstreckung muss tatsächlich begonnen worden sein, auch dann, wenn mit einem Erfolg der Maßnahme nicht zu rechnen und wenn ein solcher Erfolg ausgeschlossen ist. Allerdings: Im Insolvenzfall genügt es, wenn das FA den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt oder wenn es die KSt-Forderungen zur Tabelle anmeldet. Das Vollstreckungsrecht wird dann durch das Insolvenzrecht überlagert.
(3.) Die anzurechnende KSt ist durch die ihr entsprechende KSt nicht bereits gedeckt, wenn jene für das jeweilige betreffende Gewinnjahr gezahlt worden ist. Vielmehr ist tiefer zu forschen: Es ist auf die EK-Anteile bei der Körperschaft abzustellen, die für die Ausschüttung verwendet wurden, was im Zweifel gleichsam detektivische Ermittlungen zurückreichend bis zum Jahr 1977 erfordern kann.
Soweit belastetes EK verwendet wird, so ist nach Ansicht des BFH bei Teilzahlungen allerdings keine Quotelung vorzunehmen, sondern eine volle Verrechnung mit der hergestellten Ausschüttungsbelastung. Nur wenn diese volle Verrechnung teilweise fehlschlägt, kommt es in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem anrechenbaren KSt-Guthaben und der nur teilweise beglichenen Ausschüttungsbelastung zur Anrechnungsversagung.
Das bedeutet zugleich: Bei mehreren Anteilseignern kann es passieren, dass der erste noch in den Genuss der vollen Verrechnung der geleisteten Teilzahlung kommt, der zweite od...