Bei reinen OR-Geschäften bzw. beim sog. Rechnungssplitting fehlt die Empfängerangabe in Lieferschein und Rechnung. Ein Vorsteuerabzug wäre grundsätzlich zu versagen. Die Sonderfälle (Fahrausweise, Kleinbetragsrechnungen) werden hier nicht behandelt.
Wird jedoch später erstmalig eine ordnungsgemäße Rechnung unter Angabe des Leistungsempfängers vom Lieferanten erzeugt und erfüllt diese Abrechnung die gesetzlichen Anforderungen, steht dem Unternehmer, der die Leistung empfangen hat, in dem Zeitpunkt der Vorsteuerabzug zu, in dem er erstmalig die ordnungsgemäße Rechnung besitzt.
Die Frage der Rückwirkung der Rechnung auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung erhält besondere Bedeutung, wenn der Leistungsempfänger die ursprüngliche Rechnung (ohne Adressangabe) verloren oder vernichtet hat. Die später mit den Adressangaben nacherzeugte Rechnung gilt als berichtigte Rechnung. Sie entfaltet Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsempfangs.
Ein entsprechender Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens im finanzgerichtlichen Verfahren könnte lauten:
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a) Die Warenausgabe des Lieferanten erfolgt stets nach Erstellung einer Rechnung. |
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b) Die spätere Wiederherstellung des Debitorenkontos der Kioskbetreiberin beim Lieferanten wäre unmöglich, wenn eine ursprüngliche Rechnung, bereits an der Schnittstelle von der Warenwirtschaft zur Finanzwirtschaft und damit für die Buchung auf dem Debitorenkonto der Kioskbetreiberin beim Lieferanten fehlte. |
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c) OR-Geschäfte und sog. Rechnungssplitting-Geschäfte von einem Warengroßhändler für Kioskbedarf können in einem SAP-gestützten WWS nur gelingen, wenn bei der Bestellannahme der Ablauf verändert wird, indem der Name des Warenempfängers nicht mehr auf dem Lieferschein und auf der Rechnung erscheint. Gutachterlich ist zu klären, dass Hintergrundaufzeichnungen im WWS jedwede Änderung oder Manipulation des Systems dokumentieren. |
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d) Die Hintergrunddokumentationen bilden die Basis für die Zuordnung der Bestellung zur Kioskbetreiberin. |
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e) Nach diesem Gesamtbild ist es ausgeschlossen, dass der Warengroßhändler eine Gefälligkeitsbescheinigung ausgestellt hat oder OR-Geschäfte bzw. sog. Rechnungssplitting-Geschäfte erfolgt sind. |
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f) Gutachterlich wäre festzustellen, dass kein erhöhter Wareneinsatz oder Kassendifferenzen vorliegen. Damit wäre der Beweis dafür erbracht, dass keine Ware entwendet oder unterschlagen wurde und aus der Kasse Beträge entwendet wurden. |
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g) Weiterhin ist gutachterlich festzustellen, dass der Warenempfänger bei Barzahlungen an der Warenausgabe des Lieferanten einen Beleg, nämlich die ursprüngliche Rechnung mit dem Bezahltnachweis ausgehändigt erhält. Die Schlussfolgerung wäre, dass der Kioskbetreiberin eine ursprüngliche Rechnung vorgelegen haben muss. |