Leitsatz
Die Klägerin, eine Bank, hatte von Februar bis April 1983 von einem Einzelunternehmen (JMF) und einer GmbH (beide im Handelsregister eingetragen) steuerpflichtig Gold gekauft und die ihr in den Rechnungen darüber ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuerbeträge geltend gemacht. Das Finanzamt ließ nach einer Prüfung den Vorsteuerabzug nicht zu mit der Begründung, Verkäufer des aus den Niederlanden eingeschmuggelten Goldes seien tatsächlich die gegenüber bei der Bank aufgetretenen Hintermänner F und M gewesen. Damit seien die Rechnungen nicht vom umsatzsteuerrechtlich Leistenden ausgestellt. Nach erfolgloser Klage der Bank verwies der BFH im Revisionsverfahren die Sache an das Finanzgericht zur erneuten Prüfung anhand folgender Grundsätze zurück.
1. Leistender ist i. d. R. derjenige, in dessen Namen die Leistung ausgeführt wird. Der Handelnde kann dem Empfänger gegenüber entwe-der im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen auftreten.
2. Wer bei einer Lieferung im eigenen Namen auftritt, kann sich die Verfügungsmacht an dem Gegenstand auch dadurch verschaffen, dass er einen Dritten, der die Verfügungsmacht bisher innehatte, mit dem Vollzug der Übertragung beauftragt.
3. Ein sog. Strohmann schließt als verdeckter Treuhänder für seinen Auftraggeber Geschäfte mit Dritten im eigenen Namen ab und erfüllt die dadurch begründeten eigenen Verpflichtungen. Er ist damit Leistender. Für die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem verkauften Gegenstand ist nach § 3 Abs. 1 UStG nicht erforderlich, dass er zuvor Eigentum daran erworben hat. Es reicht aus, dass er den Abnehmer (mit der Überlassung des Gegenstands) befähigt, im eigenen Namen darüber zu verfügen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.01.1999, V R 4/98
Hinweise:
Sog. Strohmänner bereiten dem Fiskus hinsichtlich der Umsatzsteuer erhebliche Probleme, wenn sie steuerpflichtige Leistungen formal ordnungsgemäß mit Rechnung abwickeln, selbst aber keine Umsatzsteuer erklären oder untertauchen, und der Empfänger – wie hier – die ihm berechneten (und von ihm bezahlten) Vorsteuerbeträge in beträchtlicher Höhe (hier über 400.000 DM) abziehen will. Das „Vorsteuerinkasso” ohne eigene Umsatzsteuerzahlung war ein beliebtes Geschäft der Goldschmuggler, solange Goldlieferungen in Nachbarstaaten steuerfrei, in Deutschland aber steuerpflichtig waren. Wobei man sich fragen muss, wie lange Banken, wenn sie als Golderwerber tätig waren, als gutgläubig an die ordnungsgemäße Abwicklung angesehen werden konnten.
Über das Kriterium des „wirklich” Leistenden und Abrechnenden lässt sich das Dilemma aber schwerlich lösen, wie der BFH zeigte. Auch der kriminelle Strohmann, der im Namen eines (jedenfalls registrierten) Unternehmens – mit Vollmacht – auftritt und die Lieferung tatsächlich durchführt, handelt eben auch nach Zivilrecht „als” dieses Unternehmen. Nur wenn dieses als Steuersubjekt nicht als existent anzusehen ist (z. B. reiner „Briefkasten”), kann sich etwas anderes ergeben.