Unterschiedliche Konstellationen: Die vorliegenden Verfahren zeigen wieder einmal, wie kompliziert die Feststellung sein kann, ob eine Person Unternehmer i.S.d. Mehrwertsteuerrechts ist oder nicht. Das gilt zum einen für "Privatpersonen" (also Personen, die noch nicht aufgrund einer anderen Tätigkeit Steuerpflichtige sind), zum anderen für Unternehmer, die neben ihrer eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit Gegenstände verkaufen oder Leistungen gegen Entgelt erbringen.
Schwierige Abgrenzung (insb. im Onlinehandel): In diesen Fällen ist die Beurteilung, ob die Tätigkeiten unternehmerischer Natur sind bzw. zum bestehenden Unternehmen gehören, schon seit jeher schwierig. Insbesondere im niedrigschwelligen Onlinehandel ist die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung zur unternehmerischen Tätigkeit aber mit den herkömmlichen Kriterien quasi unmöglich, weil hier die typischen Tätigkeiten zum "aktiven Vertrieb" der Waren, mit denen lt. EuGH die Schwelle von der Vermögensverwaltung zum Handel überschritten wird, im Regelfall nicht mehr erforderlich sind. Werbung und Geschäftslokale werden in diesen Fällen genauso wenig benötigt wie Personal, ein Kundenstamm oder eine Vertriebsorganisation. Das Unternehmen kann auch von heute auf morgen entstehen und – nach Generierung von Umsätzen, die (wie das eBay-Urteil zeigt) durchaus eine gewisse Größenordnung erreichen können – von jetzt auf gleich wieder verschwinden.
Einzelne Kriterien unmaßgeblich: Zahl und Umfang der Verkäufe sind lt. EuGH für sich genommen nicht maßgeblich. Auch andere vorbereitende Tätigkeiten sind für sich allein ebenso wenig maßgeblich wie der Zeitraum, über den sich die fraglichen Umsätze erstrecken, oder die Höhe der dadurch erzielten Einnahmen. Alle diese Umstände zusammen könnten nämlich zur Verwaltung des Privatvermögens des Betreffenden gehören.
Unterschiedliche Interessen: Noch dazu kann die Interessenslage der Betreffenden völlig unterschiedlich sein. Der "typische" eBay-Händler, der nicht mehr benötigte Gegenstände seines Privatbereichs verkauft, will beispielsweise im Regelfall insoweit kein Unternehmer sein (auch wenn er z.B. als selbständiger Elektriker bereits Unternehmer ist). Das ist einleuchtend, weil er ja auch beim Erwerb der Gegenstände (vielleicht vor längerer Zeit) keine Vorsteuern geltend machen konnte (wollte). Gleiches gilt normalerweise für Sammler. B und die A-GmbH im vorliegenden Fall wollten hingegen neben ihrer "eigentlichen" Geschäftstätigkeit auch mit dem An- und Verkauf der Autos Unternehmer sein.
Einzelfallentscheidungen: Mit der bisherigen Kasuistik kommt man m.E. nicht wirklich zu befriedigenden Ergebnissen. Warum sind z.B. zwei Personen, die mit Online-Verkäufen in mehreren Jahren einen Umsatz von EUR 168t erzielen, ohne dass dem nachweisbare Kosten gegenüberstehen, als Unternehmer anzusehen, während im vorliegenden Fall die Unternehmen des B mit (insgesamt) einem Wareneinkauf von über EUR 1,2 Mio. (netto) und bisherigen Verkäufen von über EUR 700t (netto) insoweit nicht Unternehmer sein sollen?
Warum ist eine Person, die in 5 Jahren für ca. EUR 110t Gegenstände aus ihrem Privatvermögen verkauft, Unternehmer, während ein Münzsammler, der aus der Versteigerung seiner Sammlung an zahlreiche Ersteigerer in einem Jahr einen Erlös von ca. EUR 95t erzielt, kein Unternehmer ist. Das Argument, der eBay-Verkäufer habe Gegenstände aus 36 verschiedenen Produktgruppen und damit 36 Sammlungen verkauft, der Münzsammler hingegen nur eine, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich ist ein Unternehmer, der ausschließlich Äpfel verkauft, genauso ein Unternehmer wie ein Händler, der sämtliche Obstsorten verkauft. Und die Feststellung, die Tätigkeit des eBay-Verkäufers, der ein weit gefächertes, vielfältiges Angebot aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen verkauft habe, sei mit der Tätigkeit des Münzsammlers nicht vergleichbar, der seine Sammlung en bloc habe versteigern lassen, führt auch nicht wirklich weiter. Auch die Tätigkeit des Juweliers, der einmal im Quartal einen Ring für EUR 50t verkauft, ist nicht vergleichbar mit der Tätigkeit eines "1-Euro Shops" der jeden Tag tausend Waren für EUR 1 verkauft – gleichwohl sind beide wohl unzweifelhaft Unternehmer.
Warum ist eine Frau, die ihrem Ehemann für EUR 9.780 p.a. für drei Jahre ein Auto verleast auch dann Unternehmerin, wenn dies ihr einziger Umsatz ist? Warum ist ein Erbe, der eine geerbte Villa auf einem Immobilienportal für EUR 2 Mio. verkauft, kein Unternehmer?
Eigentliches Kriterium: Das wesentliche Kriterium, an dem sich die Frage entscheidet, soll sein, ob sich der Verkäufer "ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender". Das dürfte nicht nur z.B. bei der autovermietenden Ehefrau eher fraglich sein, es führt auch, wie man m.E. sieht, nicht zu einer gleichmäßigen Besteuerung. An sich geht es doch bei der Mehrwertsteuer darum, einen unversteuerten Letztverbrauch zu vermeiden.