Vor Abschluss der Ermittlungen (§ 169a StPO) ist dem Verteidiger auf Antrag Einsicht in die Protokolle über Vernehmungen des Beschuldigten, über richterliche Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in Sachverständigengutachten zu gewähren (§ 147 Abs. 3 StPO). Die Einsichtnahme in die übrigen Vorgänge sowie die Besichtigung von Beweisstücken kann verwehrt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann (§ 147 Abs. 2 S. 1 StPO). Dies ist z.B. anzunehmen, wenn Untersuchungshandlungen vorbereitet sind, deren vorzeitiges Bekanntwerden verhindert werden soll. Befindet sich der Beschuldigte allerdings in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger diejenigen Informationen zugänglich zu machen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung wesentlich sind; i.d.R. ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren (§ 147 Abs. 2 S. 2 StPO).

Mit Abschluss der Ermittlungen ist dem Verteidiger uneingeschränkt Akteneinsicht zu gewähren und die Besichtigung von Beweisstücken zu gestatten (§ 147 Abs. 1, 2 StPO). Dies gilt auch für Steuerakten, die zum Zwecke der Beweisführung für das Strafverfahren herangezogen werden.

In Nr. 35 wurde ein komplett neuer Abs. 3 eingefügt, der dem Verteidiger auch nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens ein Akteneinsichtsrecht zubilligt, sofern noch Raum für Verteidigungshandeln besteht, insb. wenn die Stellung von Anträgen im Strafvollstreckungsverfahren oder von Wiederaufnahmeanträgen nach §§ 359 ff. StPO in Betracht kommt. Kein Akteneinsichtsrecht soll nach Abschluss des Verfahrens gewährt werden, wenn der frühere Beschuldigte Akteneinsicht für Zwecke begehrt, die mit seiner Verteidigung in der Strafsache nicht mehr zusammenhängen. Im Ergebnis stellt dieser neue Abs. 3 der Nr. 35 natürlich nur die geltende Rechtslage dar. Richtigerweise ist deshalb die Rede von "ist zu gewähren", denn § 147 StPO kennt insoweit keinen Ermessensspielraum (Schiemann in Gercke/Temming/Zöller, StPO, 7. Aufl. 2023, § 147 Rz. 19). Allein, der Verteidiger spart sich in einschlägigen Fällen künftig die Diskussion mit der Finanzverwaltung darüber.

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