Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 1
Die §§ 5 und 6 GrEStG ermöglichen, dass ein Grundstück eines Gesamthänders auf die Gesamthand übergeht und umgekehrt, ohne dass insoweit Grunderwerbsteuerbelastung eintritt. Gesamthandsgemeinschaften sind grunderwerbsteuerrechtlich selbstständige Rechtsträger. Das Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehört der Gesellschaft selbst. Das Vermögen einer Gesamthandsgemeinschaft ist Gesamthandsvermögen der Gesellschaft. Die Rechtsfähigkeit von Gesamthandsgemeinschaften im Zivilrecht ist anerkannt. Für Personenhandelsgesellschaften – OHG (§ 105 HGB) und die KG (§ 161 HGB) – ergibt sich dies aus § 124 HGB. Die BGB-Gesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 705 BGB) ist nach der BGH-Rechtsprechung als Rechtsträgerin anerkannt. Für die Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) gilt dies nicht, weil sie nicht auf kontinuierliche Teilnahme am Rechtsverkehr, sondern auf die (vorübergehende) Auseinandersetzung des Vermögens gerichtet ist. Der Grundstückserwerb wird von der Steuer befreit, wenn Vermögen zwischen Gesamthänder und Gesamthand übertragen wird. Dies gilt auch, wenn sich die Zusammensetzung der Mitglieder der Erbengemeinschaft infolge Erbschaftskauf (§§ 2033ff. BGB) ändert, weil der Erbteilskäufer Mitglied der Erbengemeinschaft und damit Gesamthänder wird.
Weitere Gesamthandsgemeinschaften i. S. v. §§ 5 und 6 GrEStG sind die Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 PartGG), der nichtrechtsfähige Verein (§ 54 BGB), die EWIV (Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung), die allgemeine und fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1415, 1483 BGB), und die "unechte" Vorgesellschaft einer Kapitalgesellschaft (vgl. BFH v. 7.4.1998, VII R 82/97, BStBl II 1998, 531) sowie der Vor-Verein.
Ausländische Gesellschaften können von der Steuerbefreiung nach den §§ 5 und 6 GrEStG begünstigt sein. Voraussetzung dafür ist, dass ihre rechtliche Struktur den inländischen Gesamthandsgemeinschaften entspricht. Ob dies der Fall ist, muss durch einen Vergleich des Rechtstypus der jeweiligen ausländischen Gesellschaft mit den Gesamthandsgemeinschaften i. S. v. §§ 5 und 6 GrEStG geprüft werden. Insoweit kann auf das BMF-Schreiben v. 24.12.1999, IV B 4 – S 1300 111/99, BStBl I 1999, 1076, Tabellen 1 und 2 zurückgegriffen werden. Das BMF-Schreiben v. 19.3.2004, IV B 4-S 1301 USA-22/04, BStBl I 2004, 411, enthält maßgebende Kriterien für diesen Vergleich.
Eine stille Gesellschaft hat kein Gesamthandsvermögen und ist nicht von §§ 5 und 6 GrEStG erfasst. Die stille Gesellschaft stellt die Beteiligung an einem Anteil an einer Gesellschaft dar, sie vermittelt keinen Anteil am Gesamthandsvermögen. Für die so genannte atypisch stille Gesellschaft trifft dies ebenfalls zu, zumal dieses Konstrukt nicht auf der zivilrechtlichen Systematik basiert, sondern auf der einkommensteuerlicher Zuordnung einer vertraglichen Beziehung als Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise geleitet wird.
D und E sind zu je 1/2 an der X-OHG beteiligt. F ist an dem Anteil des E zur Hälfte unterbeteiligt und verkauft an die X-OHG ein Grundstück.
Der Verkauf des Grundstücks von E an die X-OHG ist nicht nach § 5 Abs. 2 GrEStG begünstigt und unterliegt der Grunderwerbsteuer.
Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist keine Gesamthand i. S. v. §§ 5 und 6 GrEStG. Die KGaA ist eine Kapitalgesellschaft (§§ 278ff. AktG). Ihr Vermögen ist nicht gesamthänderisch gebunden. Die persönlich haftenden Gesellschafter sind nicht am Vermögen der KGaA beteiligt.
Das Vermögen von Bruchteilsgemeinschaften (§§ 741ff., §§ 1008ff. BGB) ist nicht gesamthänderisch gebunden, schon begrifflich wird vorausgesetzt, dass Bruchteile am Vermögen bestehen. §§ 5 und 6 GrEStG sind für die Bruchteilsgemeinschaft nicht anwendbar, vgl. Rz. 5.
Rz. 2
Zum Zeitpunkt, in dem ein Grundstück auf die Gesamthand übertragen wird, muss die Gesamthand (noch) nicht rechtlich vorhanden sein. Für die Anwendung von §§ 5, 6 GrEStG kommt es nicht darauf an, ob eine Gesamthand bereits besteht oder ob das Grundstück bei Gründung der Gesellschaft oder anlässlich des Eintritts des Veräußerers in eine Gesamthand übertragen wird.
Maßgebend für den Umfang der steuerlichen Begünstigung ist der Anteil am Vermögen der Gesamthand, der sich als unmittelbare dingliche Mitberechtigung am Gesamthandvermögen darstellt (vgl. BFH v. 27.8.2009, II B 35/09, BFH/NV 2009, 2003; FG Düsseldorf v. 11.6.2001, 7 K 2758/97 GE, EFG 2001, 1160). Auch der Treuhänder, der für den Treugeber den Anteil an einer Gesamthand hält, ist als Inhaber der Mitberechtigung anzusehen. § 39 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AO bestimmt bei Treuhandverhältnissen, dass die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Die Vorschrift schließt den Treuhänder nicht vom Anwendungsbereich des § 5 GrESG aus. Die zivilrechtliche Betrachtung hat aber Vorrang (vgl. BFH v. 16.12.1988, II B 134/88, BFH/NV 1990, 59).
Eine von der Beteiligung am Vermögen abweichende Gewinn- bzw. Verlustbeteiligung oder eine ggf. hiervon abweichende Auseinand...