Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 12
Die grunderwerbsteuerrechtliche Selbstständigkeit der Gesamthandsgemeinschaften hat zur Folge, dass Grundstücksübertragungen zwischen Gesamthandsgemeinschaften zu einem nach § 1 GrEStG steuerbaren Rechtsträgerwechsel führen. An dieser Rechtsfolge vermag auch die Beteiligung derselben Personen an den betreffenden Gesamthandsgemeinschaften nichts zu ändern. Allerdings würde eine volle Besteuerung eines solchen Rechtsvorgangs der besonderen Rechtsnatur des Gesamthandseigentums nicht gerecht werden (vgl. Rz. 1). Zu bedenken ist außerdem, dass sich eine vollständige bzw. teilweise Befreiung einer derartigen Grundstücksübertragung zwischen zwei Gesamthandsgemeinschaften mit jeweils identischen oder teilweise übereinstimmenden Beteiligten auf anderem Wege erreichen ließe. Hierzu müssten zunächst die Gesamthänder von der übertragenden Gesamthand ein Grundstück zu Miteigentumsanteilen entsprechend ihrer Anteile am Gesamthandsvermögen erwerben und anschließend ihre Miteigentumsanteile am Grundstück auf die andere Gesamthand übertragen. Bei gleichen Beteiligungsverhältnissen der Gesamthänder an beiden Gesamthandsgemeinschaften wären beide Erwerbsvorgänge in vollem Umfang von der Grunderwerbsteuer befreit. Bei teilweise deckungsgleichen Beteiligungen an beiden Gesamthandsgemeinschaften wäre eine dieser Deckungsgleichheit entsprechende Vergünstigung gegeben. Der erste Erwerbsvorgang unterfällt § 6 Abs. 1 S. 1 GrEStG, der zweite Erwerbsvorgang würde von § 5 Abs. 1 S. 1 GrEStG erfasst.
Nach § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG gilt beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand § 6 Abs. 1 GrEStG entsprechend. Mit diesem Tatbestand, der die Vorschriften des § 6 Abs. 1 S. 1 GrEStG und des § 5 Abs. 1 S. 1 GrEStG zusammenfasst, wird ohne eine derartige Gestaltung vermieden, dass die Übertragung eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wegen der eigenständigen Rechtsträgerschaft der Gesamthand Grunderwerbsteuer auslöst, auch wenn an beiden Gesellschaften dieselben Personen beteiligt sind. Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG verlangt dementsprechend die Identität der Gesamthänder der übertragenden und erwerbenden Gesamthand und begünstigt einen entsprechenden Grundstücksübergang im Ausmaß der Deckungsgleichheit der Beteiligung an beiden Gesamthandsgemeinschaften. Die Vergünstigung setzt mithin neben der Identität der an den betreffenden Gesamthandsgemeinschaften Beteiligten auch deren deckungsgleiche Teilhabe am Wert des übergehenden Grundstückes voraus. Beim Grundstücksübergang von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand ist für das Ausmaß der Steuervergünstigung daher stets auf die Deckungsgleichheit der Beteiligung am Vermögen der beiden Gesamthandsgemeinschaften abzustellen. Dies ist auch dann zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung am Grundstück(-swert) einer Gesamthandsgemeinschaft nur durch die Beteiligung einer Gesamthandsgemeinschaft an der ersteren vermittelt wird (vgl. u. a. BFH v. 24.9.1985, II R 65/83, BStBl II 1985, 714). Weicht die Höhe der Beteiligungen des jeweiligen Mitglieds am Vermögen der betroffenen Gesamthandsgemeinschaften voneinander ab, bleibt die Grunderwerbsteuer nur insoweit unerhoben, als die Höhe der Beteiligungen bei beiden Gesamthandsgemeinschaften übereinstimmt.
Zur notwendigen Dauer der Beteiligung der Gesamthänder an der übertragenden Gesamthand vor der Übertragung des Grundstücks und die hierbei zu beachtende Sperrfrist des § 6 Abs. 4 GrEStG siehe Rz. 20ff.
Rz. 12a
§ 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG setzt grundsätzlich eine unmittelbare dingliche Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand voraus. Bei Erwerbsvorgängen zwischen sog. doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften, bei der die Beteiligung der Gesamthänder an einer Gesamthand über eine weitere Gesamthand vermittelt wird, genügt es allerdings, dass die Mitglieder der ersten Gesamthand nur mittelbar über diese an der zweiten Gesamthand beteiligt sind. Die unmittelbare Beteiligung an der Gesamthand wird hier von der weiteren Gesamthand gehalten. In diesen Fällen wird § 6 Abs. 1 und 2 GrEStG von § 6 Abs. 3 GrEStG derogiert. Die beteiligte Gesamthand selbst kann hier nicht Zurechnungssubjekt sein. Vielmehr ist auf die an ihr Beteiligten zurückzugreifen (vgl. BFH v. 27.4.2005, II R 61/03, BStBl II 2005, 649). Praktische Bedeutung erlangen doppelstöckige Gesamthandsgemeinschaften etwa bei einer Personenhandelsgesellschaft als Gesellschafterin einer weiteren Personenhandelsgesellschaft oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Kommanditistin einer KG.
Am Vermögen einer OHG sind seit 1995 A, B und C zu je 1/3 beteiligt. Die OHG ihrerseits ist am Vermögen einer KG ebenfalls zu 1/3 beteiligt. Die restlichen 2/3 gehören X. Die OHG verkauft im Jahr 2009 ein Grundstück an die KG.
A, B und C sind über die OHG zu jeweils 1/9 an der KG beteiligt. In diesem Umfang (insgesamt 1/3) bleibt die GrESt für den Grundstücksübergang von der OHG auf die...