Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 22
In § 6 a S. 1 Halbs. 1 GrEStG wird von Rechtsvorgängen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, § 1 Abs. 2a GrEStG oder § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund einer Umwandlung gesprochen, für die die Steuer "nicht erhoben” wird. In Halbsatz 2 des Satzes 1 wird der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung auf den Übergang der Verwertungsbefugnis aufgrund einer Umwandlung ausgedehnt, hier allerdings mit der Rechtsfolge, dass die Steuer nur „insoweit" nicht erhoben wird.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber zwischen der Nichterhebung in Halbsatz 1 und einer Nichterhebung nur" insoweit" in Halbsatz 2 inhaltlich differenzieren wollte. Satz 1 befreit sämtliche Rechtsvorgänge, die einer Umwandlung folgen können, von der Grunderwerbsteuer, ohne allerdings den gesetzestechnisch vornehmeren Weg der Rechtsfolgeverweisung auf § 1 Abs. 1–3 GrEStG zu beschreiten. Anteilsübertragungen an Personengesellschaften, die zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerb nach § 1 Abs. 2a GrEStG führen, sind nach der Neuregelung ebenfalls begünstigt. Umwandlungsvorgänge können unmittelbare oder mittelbare Gesellschafterwechsel bei grundbesitzenden Personengesellschaften auslösen. Wird z. B. der Gesellschafter (Kapitalgesellschaft) einer grundbesitzenden Personengesellschaft sidestream auf eine andere Konzerngesellschaft verschmolzen, so löst dies den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG auf Ebene der Personengesellschaft aus.
Die Begünstigung von Übertragungen von Anteilen an Personengesellschaften wurde auf Empfehlung des Finanzausschusses aufgenommen, um die ansonsten fehlende Rechtsformneutralität der neu eingeführten Befreiung zu erhalten.
Die M-GmbH (M) ist zu 100 % an den Tochtergesellschaften T 1 GmbH (T 1) und T 2 GmbH (T 2 ) beteiligt. Wird ein Grundstück von M an T 1 oder T 2 oder ein Grundstück von T 1 an T 2 oder umgekehrt veräußert, geschieht dies im Wege der Einzelübertragung/Einzelrechtsnachfolge und ist nicht von der Regelungsreichweite des § 6 a GrEStG erfasst.
2.4.1 Kausalzusammenhang zwischen Umwandlung und Rechtsvorgang
Rz. 23
Zwischen der Umwandlung und dem entsprechenden Rechtsvorgang muss ein Kausalzusammenhang vorliegen ("aufgrund einer Umwandlung"). Eine Übertragung lediglich "aus Anlass" oder im Zusammenhang mit einer Umwandlung fällt nicht unter den Begünstigungsbereich der Norm. Dies ergibt sich wohl daraus, dass der Abschluss eines Verschmelzungs- oder Spaltungsvertrags grunderwerbsteuerrechtlich irrelevant ist und nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG fällt. Begünstigt sind daher nur diejenigen Rechtsvorgänge i. S. d. § 1 Abs. 1, 2, 2a oder 3 GrEStG, die durch den Vermögensübergang kraft Gesetzes, also mit Eintragung der Verschmelzung bzw. Spaltung in das Handelsregister des übernehmenden bzw. – bei der Vermögensübertragung – des übertragenden Rechtsträgers (vgl. §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1, 176 Abs. 3 UmwG) verwirklicht werden.
2.4.2 Einschränkungen der Regelung
Rz. 24
Gem. § 6 a S. 3 GrEStG gilt die Vergünstigung des S. 1 nur, wenn an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich
- ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften (1. Alt.) oder
- mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (2. Alt.).
Rz. 25
Die 1. Alt. umfasst Umwandlungsvorgänge innerhalb des Konzerns, die sich ausgehend von der Muttergesellschaft im Rahmen vertikaler Beteiligungsketten abspielen. Hierbei gilt, dass außer der Muttergesellschaft, die immer nur herrschendes Unternehmen sein kann, jede Tochter-, Enkel-, Urenkelgesellschaft usw. in Bezug auf sämtliche in der Beteiligungskette tieferstehenden Gesellschaften herrschendes und in Bezug auf sämtliche in der Beteiligungskette höherstehenden Gesellschaften abhängiges Unternehmen sein kann.
§ 6 a S. 3 2. Alt. GrEStG betrifft hingegen diejenigen Fälle, in denen die an der Umwandlung beteiligten Unternehmen zwar zu einem Konzernverbund gehören, selbst aber weder unmittelbar noch mittelbar aneinander beteiligt sind (horizontale Ebene), z. B. bei Umwandlungsvorgängen zwischen Schwestergesellschaften.
§ 6 a S. 3 GrEStG setzt des Weiteren voraus, dass das herrschende Unternehmen und ein oder mehrere abhängige Unternehmen (1. Alt.) bzw. mehrere abhängige Unternehmen (2. Alt.) an dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. Aus der Formulierung ergibt sich, dass an der Umwandlung zumindest zwei Rechtsträger beteiligt sein müssen. Erfolgt die Verschmelzung bzw. Spaltung zur Aufnahme, sind der übertragende und der übernehmende Rechtsträger i. S. d. §§ 2, 123 UmwG an der Umwandlung beteiligt.
Die M-AG (M) ist jeweils zu 100 % an der T1-GmbH (T1) und der T2-GmbH (T2) beteiligt. T1 und T2 sind ihrerseits jeweils zu 50 % an der Y-GmbH (Y) beteiligt. Y soll auf T2 verschmolzen werden.
Rz. 26
An dem Umwandlungsvorgang sind T2 und Y beteiligt. § 6 a S. 3 1. Alt. GrEStG ist nicht einschlägig, weil die Beteiligung der T2 für die Annahme eines herrschenden Unternehmens i. S. d. § 6 a S. 4 GrEStG nicht ausreicht. Es liegt aber ein Fall des § 6 a S. 3 2. Alt. GrEStG vor, weil sowohl die T2 als auch...