Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 3
§ 8 Abs. 1 GrEStG bestimmt, dass sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung bemisst. Diese Begrifflichkeit des bürgerlichen Rechts (vgl. § 316, § 320 Abs. 1 BGB) meint die Leistung, die für (Kausalität) den Erwerb eines Grundstücks (regelmäßig als Kaufpreis) vereinbart wird. Aus steuerlicher Sicht wird der Begriff weit gefasst und erstreckt sich auch auf Leistungen eines Dritten.
Zur Gegenleistung i. S. d. § 8 Abs. 1 GrEStG gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt (z. B. BFH v. 6.12.1989, II R 95/86, BStBl II 1990, 186; BFH v. 25.11.1992, II R 67/89, BStBl II 1993, 308; BFH v. 23.10.2002, II R 81/00, BStBl II 2003, 199; BFH v. 11.2.2004, II R 31/02, BStBl II 2004, 521; und BFH v. 30.3.2009, II R 62/06, BFH/NV 2009, 1707). Leistungen des Veräußerers eines Grundstücks an den Erwerber stellen keine Gegenleistung (vgl. hierzu auch BFH v. 26.10.1977, II R 115/69, BStBl II 1978, 201).
Leistungen des Erwerbers an den Grundstücksveräußerer aufgrund der vertraglichen Verpflichtung rechnen zur Gegenleistung. Wenn und soweit sich ein Dritter dazu verpflichtet, an den Veräußerer zu leisten, gehört dies ebenfalls zur Gegenleistung (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG; § 9 GrEStG Rz. 27 und 27a). Vom Gegenleistungsbegriff umfasst ist die Leistung, zu der sich der Erwerber gegenüber dem Veräußerer verpflichtet hat und die Leistung, zu der er sich einem Dritten gegenüber verpflichtet hat (vgl. BFH v. 23.4.1980, II R 84/75, BStBl II 1980, 595). Darf der Veräußerer ein Grundstück ohne angemessenes Entgelt weiter nutzen, kann dies als Gegenleistung gewertet werden (BFH v. 5.12.2019, II R 37/18).
Entscheidend für das Vorliegen einer Gegenleistung ist die kausale Verknüpfung zwischen der Leistung, die als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt wird, mit der Leistung, die für die Veräußerung empfangen wird. Auf die von den Vertragsparteien in einem Vertrag verwendete Bezeichnung der Gegenleistung allein kommt es nicht an. Es kommt auf die Verpflichtung des Erwerbers an: Wie weit reicht seine Verpflichtung, um das Grundstück in dem Zustand zu erhalten, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden ist. Nicht zur Gegenleistung rechnen solche Leistungen des Erwerbers, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen, also insbesondere Leistungen, die für eine andere Leistung des Veräußerers aufgewendet werden als für dessen Verpflichtung, das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen. Ein solcher Fall liegt z. B. vor, wenn eine Einbauküche mitveräußert wird und ein gesondertes Entgelt hierfür zu zahlen ist. Auch Leistungen des Grundstückserwerbers, die nicht auf Basis der kausalen Verknüpfung erbracht werden, sondern auf anderen Motiven beruhen, können nicht als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung behandelt werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Erwerber eines Grundstücks aus Anlass (gelegentlich) eines solchen Erwerbs einem Dritten einen Geldbetrag zuwendet.
Die Bezeichnung "Kaufpreis" in einem Vertragswerk stellt nur eine Rechengröße dar, aus ihr ergibt sich nicht die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (BFH v. 30.3.2009, II R 1/08, BFH/NV 2009, 1666). Es ist auch nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als Kaufpreis bezeichnen, sondern was der Käufer nach dem Inhalt des Vertrags als Gegenleistung (Kaufpreis) zu erbringen hat (BFH v. 1.10.1975, II R 84/70, BStBl II 1976, 128; BFH v. 16.2.1994, II R 114/90, BFH/NV 1995, 65).
Rz. 4
Nicht als Gegenleistung anzusehen sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs außerdem Leistungen, die ausschließlich dem Erwerber selbst zugutekommen (vgl. BFH v. 6.12.1995, II R 46/93, BFH/NV 1996, 578). Bei solchen nur für sich selbst bewirkten Leistungen des Erwerbers – sog. eigennützigen Erwerberleistungen – mangelt es an einer gegenüber einem anderen erbrachten Leistung, sodass man insoweit schon begrifflich von keiner Gegenleistung sprechen kann. Hierzu gehört z. B. der Fall, dass sich der Erwerber eines unbebauten Grundstücks im Kaufvertrag zur Bebauung des Grundstücks verpflichtet und diese dann in der Folge selbst vornimmt. Die vom Erwerber aufgewendeten Baukosten kommen ihm ausschließlich selbst zugute und sind daher nicht Bestandteil der Gegenleistung (vgl. BFH v. 9.8.1989, II B 74/89, BFH/NV 1990, 596; sowie BFH v. 6.12.1995, II R 46/93, BFH/NV 1996, 578; BFH v. 16.1.2002, II R 16/00, BStBl II 2002, 431; und BFH v. 23.10.2002, II R 81/00, BStBl II 2003, 199). Ein weiterer Fall einer eigennützigen Erwerberleistung kann eine vom Grundstückserwerber übernommene Verpflichtung zur Sanierung eines mit Altlasten kontaminierten Grundstücks sein (vgl. BFH v. 30.3.2009, II R 62/06, BFH/NV 2009, 1707). Entsprechendes gilt für eingegangene Verpflichtungen des Erwerbers zur Gebäuderenovierung (vgl. FG Niedersachsen v. 16.8.1990, III 530/89, EFG 1991, 275), zur Durchführung von Abbruchmaßnahmen oder Bo...