Für die Behörden besteht grundsätzlich die Verpflichtung, leicht und einwandfrei als fehlgeleitete fristwahrende Einspruchsschreiben erkennbare Schriftstücke im Zuge des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs ohne schuldhaftes Zögern an die zuständige Behörde weiterzuleiten; hat die unzuständige Behörde die Übermittlung schuldhaft verzögert oder überhaupt unterlassen, kommt im Falle willkürlichen, offenkundig nachlässigen und nachgewiesenen Fehlverhaltens der Behörde die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.

Hat der Bevollmächtigte einen Einspruch beim "falschen" FA eingelegt, ist dieses FA in dem Zeitpunkt, in dem erkannt wird, dass ein fristgebundener Schriftsatz irrtümlich eingereicht wurde, nicht zuletzt im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung der Kommunikation zwischen den Bürgern, Behörden und Gerichten verpflichtet, unter Einsatz zeitgemäßer Kommunikationsmittel dafür Sorge zu tragen, dass eine möglicherweise noch laufende Frist eingehalten werden kann. Hierzu muss entweder der Rechtsbehelfsführer bzw. dessen Vertreter umgehend, d.h. in dem Zeitpunkt, in dem das Versehen bekannt wird, telefonisch, per Fax oder per E-Mail darauf hingewiesen werden, dass er einen fristgebundenen Schriftsatz bei der falschen Behörde eingereicht hat, um diesem Gelegenheit zu geben, den Fehler – soweit noch möglich – selbst zu korrigieren, oder aber das Einspruchsschreiben muss umgehend per Fax, eingescannt als E-Mail oder über das besondere elektronische Behördenpostfach (BeBPo) an das "richtige" FA weitergeleitet werden.

Entsprechend hat das FG Sachsen-Anhalt entschieden, dass dann, wenn der innerhalb der Einspruchsfrist beim "falschen" FA eingelegte Einspruch auf dem Postweg an das zutreffende Finanzamt weitergeschickt wird und dort erst nach Fristablauf ankommt, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 110 AO erfüllt sind (FG Sa.-Anh. v. 7.12.2021 – 1 K 539/21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 2/22).

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