Die Finanzverwaltung hat sich dazu mit den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 17.6.2022 – G 1425, BStBl. I 2022, 958 (z.B. FinMin.v. 17.6.2022 – G 1425 – 92 – V B 4) zur Neufassung des § 9 Nr. 1 Satz 3 und 4 GewStG mit dem Fondsstandortgesetz positioniert und vertritt dabei eine enge Auslegung zuungunsten der Steuerpflichtigen, die u.E. dem Wortlaut des Gesetzes nicht zwingend zu entnehmen ist. Denn für Zwecke der Ermittlung der Prüfung der 10 %-Grenze nach § 9 Nr. 1 Satz 3 lit. b GewStG bzw. der 5 %-Grenze nach § 9 Nr. 1 Satz 3 lit. c GewStG sind im Jahr der Veräußerung nach Auffassung der Finanzverwaltung die Einnahmen aus der Veräußerung von Anlagen zur Stromerzeugung bzw. anderer Anlagen wie bspw. Betriebsvorrichtungen den Einnahmen aus der Lieferung von Strom bzw. den Einnahmen aus anderen Vertragsbeziehungen mit Mietern zuzurechnen (vgl. gleich lautende Erlasse v. 17.6.2022, BStBl. I 2022, 958 Rz. 10). Da zugleich nach Auffassung der Finanzverwaltung Einnahmen aus der Veräußerung des Grundbesitzes nicht für die Ermittlung der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen zu berücksichtigen sind, besteht in Veräußerungsfällen regelmäßig das Risiko, dass nach Auslegung der Finanzverwaltung die prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen überschritten werden, da die Einnahmen aus der Veräußerung der Anlagen zzgl. der laufenden Einnahmen für das Jahr der Veräußerung aus diesen Anlagen nur den Mieteinnahmen aus dem Jahr der Veräußerung gegenüberzustellen sind (vgl. gleich lautende Erlasse v. 17.6.2022, BStBl. I 2022, 958 Rz. 35).

Die von der Finanzverwaltung angelegten Vergleichsfaktoren erscheinen dabei nicht plausibel. Wenn nachvollziehbarer Weise die Einnahmen aus der Veräußerung des Grundbesitzes keine Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung darstellen, erscheint es u.E. nur folgerichtig, auch die Einnahmen aus der Veräußerung von Anlagen zur Stromerzeugung bzw. von Betriebsvorrichtungen nicht in die Ermittlung der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen einzubeziehen (vgl. Burbaum/Wessels, NWB MAAAH-50170 (Stand: 1.12.2022) Rz. 110w). Die Bestimmung der Berechnungsgrundlagen der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen nach Auffassung der Finanzverwaltung stellt damit einen asymmetrischen Vergleich dar, welcher u.E. den sinnvollen Ansatz des Gesetzgebers konterkariert, durch die Erweiterung des Katalogs der unschädlichen Tätigkeiten, insb. den Ausbau erneuerbarer Energien durch Wohnungsunternehmen zu fördern.

Im Ergebnis werden Wohnungsunternehmen damit regelmäßig auf bereits in der Vergangenheit praktizierte Ansätze unter Trennung des wirtschaftlichen Eigentums an den Anlagen zur Erzeugung von Strom bzw. Betriebsvorrichtungen o.Ä. Anlagen vom wirtschaftlichen Eigentum am Grundbesitz zurückgreifen müssen, wenn die Anwendung der erweiterten Kürzung für das Jahr der Veräußerung nicht riskiert werden soll (vgl. Meding / Müller, NWB 2022, 1924).

Beraterhinweis Zu begrüßen ist dagegen der Ansatz der Finanzverwaltung, für die Ermittlung der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen auf vereinbarte Mieten abzustellen, so dass temporäre Zahlungsschwierigkeiten einzelner Mieter nicht zu einem Risiko für die Anwendung der erweiterten Kürzung werden und damit in dieser Hinsicht Planungssicherheit für Wohnungsunternehmen gegeben ist (vgl. gleich lautende Erlasse v. 17.6.2022, BStBl. I 2022, 958 Rz. 33; Burbaum/Wessels, NWB MAAAH-50170 [Stand: 1.12.2022] Rz. 110v; Behrens/Bohnhardt/Daood, DStR 2022, 2073).

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