Leitsatz
1. Es ist höchstrichterlich hinreichend geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein anderer Arbeitsplatz für die berufliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen zur Verfügung steht.
2. Dabei sind die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung sowie Schlussfolgerungen des FG tatsächlicher Art für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG , § 9 Abs. 5 EStG , § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO , § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger, ein Bürgermeister, machte die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Das FG ließ den Werbungsabzug nicht zu, da dem Kläger in der Gemeindeverwaltung ein Arbeitszimmer zur Verfügung stand. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, es genüge nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch im Arbeitszimmer in der Gemeindeverwaltung ausgeübt werden könnten. Wenn der Kläger es vorziehe, gewisse Aufgaben in seinem Arbeitszimmer zu erledigen, obliege dies seiner Bequemlichkeit und schaffe keine Voraussetzung für den Werbungskostenabzug.
Gegen die Entscheidung des FG legte der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Er meinte, der Streitsache komme grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu.
Entscheidung
Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurück. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein anderer Arbeitsplatz für die berufliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen zur Verfügung steht (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG), sei im Wesentlichen geklärt. Der Streitfall biete keinen Anlass für eine weitere höchstrichterliche Leitentscheidung; insbesondere habe der Kläger keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die der BFH nicht schon erwogen habe. Aus revisionsrechtlicher Sicht seien die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen nicht zu beanstanden. Sie seien für den BFH schon dann bindend, wenn sie möglich (vertretbar) sind; sie müssten nicht zwingend sein.
Hinweis
1. Der BFH hat in den vergangenen Jahren in zahlreichen Entscheidungen ausgeleuchtet, unter welchen Voraussetzungen ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entweder in vollem Umfang oder (nur) begrenzt als Erwerbsaufwendungen erfolgreich geltend machen kann. Dies trifft auch für die Frage zu, wann einem Steuerpflichtigen ein "anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht" (vgl. hierzu: BFH, Urteile jeweils vom 7.8.2003, VI R 17/01, BFH-PR 2003, 447; VI R 162/00, BFH-PR 2003, 448; VI R 41/98, BFH-PR 2003, 449; VI R 118/00, BFH-PR 2003, 450; VI R 16/01, BFH-PR 2003, 451; vom 9.12.2003, VI R 150/01, BFH-PR 2004, 133; vom 20.11.2003, IV R 30/33, BFH-PR 2004, 177).
2. Ein "anderer Arbeitsplatz" i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Der andere Arbeitsplatz steht "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.
3. Angesichts der durch die Rechtsprechung hinreichend geklärten Rechtslage sind Nichtzulassungsbeschwerden mit dem Ziel, weitere Grundsatzentscheidungen des BFH zu der o.a. Rechtsfrage herbeizuführen, wenig Erfolg versprechend. Dies gilt z.B. auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Steuerpflichtiger den Mittelpunkt seiner beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer hat (vgl. hierzu z.B. BFH, Urteile vom 13.11.2002, VI R 28/02, BFH-PR 2003, 215; VI R 104/01 und VI R 82/01, BFH-PR 2003, 217; vom 23.1.2003, IV R 71/00, BFH-PR 2003, 266; vom 21.2.2003, VI R 14/02, BFH-PR 2003, 267; vom 29.4.2003, VI R 78/02, BFH-PR 2003, 347; insbesondere vom 13.10.2003, VI R 27/02, BFH-PR 2004, 131 – Grundsatzentscheidung zum Mittelpunkt bei mehreren Tätigkeiten).
4. Wie bereits im BFH-Urteil vom 22.7.2003, VI R 20/02, BFH-PR 2004, 131 angeführt, unterscheidet der BFH auch in dieser Besprechungsentscheidung deutlich zwischen rechtlichen Maßstäben einerseits und Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung andererseits. Letzteres obliegt in erster Linie den Finanzgerichten. Verfährt ein FG prozessordnungsgemäß, sind die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung sowie Schlussfolgerungen tatsächlicher Art einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen. Der BFH-Beschluss wurde nicht zuletzt deshalb amtlich veröffentlicht, um diese Gesichtspunkte nochmals nachdrücklich hervorzuheben.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 10.2.2005, VI B 113/04