Leitsatz
1. Kinderbetreuungskosten können nur von demjenigen abgezogen werden, der sie getragen hat; § 4f a.F. EStG enthält insoweit weder besondere Zuordnungsregeln noch ein Zuordnungswahlrecht.
2. Wenn von den zusammenlebenden, nicht miteinander verheirateten Eltern nur ein Elternteil den Vertrag mit der Kindertagesstätte abschließt und das Entgelt von seinem Konto zahlt, dann kann dieses weder vollständig noch anteilig dem anderen Elternteil unter dem Gesichtspunkt des abgekürzten Zahlungs- oder Vertragswegs als von ihm getragener Aufwand zugerechnet werden.
Normenkette
§ 4f, § 9 Abs. 5 EStG a.F.
Sachverhalt
Der Kläger und seine Lebensgefährtin lebten 2006 mit ihrem 2004 geborenen gemeinsamen Kind in einem Haushalt zusammen. Beide erzielten Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn des Klägers knapp 26 000 EUR, der seiner Lebensgefährtin ca. 13 000 EUR) und trugen zu den Aufwendungen des Haushalts bei, hielten ihre Vermögenssphären aber getrennt.
Das gemeinsame Kind wurde in einer Kindertagesstätte betreut. Die Lebensgefährtin hatte den Betreuungsvertrag unterschrieben und das Entgelt von ihrem Konto gezahlt. Das FA lehnte es ab, zwei Drittel dieser Aufwendungen als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Klägers zu berücksichtigen, weil die Kinderbetreuungskosten von der Kindesmutter getragen worden seien.
Das FG gab der Klage statt (Thüringer FG, Urteil vom 27.05.2009, 2 K 211/08, Haufe-Index 2267763, EFG 2009, 1376). Es entschied, die Eltern könnten über die Aufteilung der Betreuungsaufwendungen entscheiden. Da sie in eheähnlicher Lebensgemeinschaft "aus einem Topf gewirtschaftet" hätten, sei der Kläger mit den Aufwendungen zur Kinderbetreuung wirtschaftlich belastet, obwohl diese vom Konto der Lebensgefährtin abgeflossen seien.
Entscheidung
Der BFH hielt diese mittelbare Belastung des Klägers nicht für ausreichend und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Zwei Drittel der wegen einer Erwerbstätigkeit anfallenden Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt gehörenden und noch nicht 14 Jahre alten Kindes können wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, sofern sie durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nachgewiesen werden (§ 4f S. 5 EStG a.F., jetzt § 9c Abs. 1 EStG). Die Zurechnung der Aufwendungen erfolgt nach den allgemeinen Regeln; § 4f EStG enthält weder besondere Zuordnungsregeln noch ein Zuordnungswahlrecht. Der Steuerpflichtige muss die Aufwendungen also selbst getragen haben; Drittaufwand bleibt unberücksichtigt.
2. Mittels der Rechtsgrundsätze zum abgekürzten Zahlungs- oder Vertragsweg können dem Steuerpflichtigen Kosten als eigener Aufwand zugerechnet werden, die ein Dritter in seinem Interesse getragen hat. Die Anwendung der Grundsätze des abgekürzten Vertragswegs hat der BFH allerdings bei Dauerschuldverhältnissen (z.B. Immobilienkrediten) bisher abgelehnt, obwohl nicht recht einleuchtet, warum die Kosten für die einmalige Beauftragung eines Handwerkers durch die Mutter des Grundstücksvermieters abgezogen werden dürfen, nicht aber die Kosten für einen von ihr abgeschlossenen Wartungsvertrag. Da es sich bei Verträgen mit Kindergärten ebenfalls um Dauerschuldverhältnisse handelt, wäre ein Abzug von Kosten nach den Grundsätzen des abgekürzten Vertragswegs von vornherein auf die gelegentliche Betreuung (z.B. Babysitter) beschränkt.
3. Ein weiteres Problem kommt hinzu: Die Zurechnung von Aufwendungen nach den Grundsätzen des abgekürzten Vertragswegs setzt voraus, dass die aufgrund des Vertrags zu erbringenden Leistungen eindeutig der Erwerbssphäre des Steuerpflichtigen und nicht des Dritten zuzuordnen sind. Betreuungskosten müssten daher wegen der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen und nicht des Dritten anfallen. Eine Übernahme von Kindergartengebühren durch die Erbtante wäre insofern unbedenklich. Trägt aber ein zur Personensorge verpflichteter berufstätiger Elternteil Betreuungskosten, so ermöglicht dies auch die Erwerbstätigkeit des anderen Elternteils. Allenfalls bei Teilzeitbeschäftigung oder Schichtdienst eines Elternteils könnte anzunehmen sein, dass die Betreuung zu bestimmten Zeiten lediglich die Erwerbstätigkeit des gerade aktiven Elternteils betrifft.
4. Welcher Elternteil den Vertrag mit der Betreuungseinrichtung abschließt und das Entgelt zahlt, wird vielfach vom Zufall abhängen. Unverheiratete Eltern haben ein Interesse daran, dass die Aufwendungen demjenigen zugeordnet werden, bei dem sie zu einer höheren Steuerminderung führen. Mangels eines Zuordnungswahlrechts muss jedoch der Sachverhalt gestaltet werden, indem der "Richtige" die Zahlungen leistet. Wahrscheinlich lässt sich eine vom Vertragsschluss und der Bezahlung abweichende Zuordnung über eine nachträgliche Kostenerstattung oder mittels eines (durchgeführten) Auftragsverhältnisses erreichen, d.h. ein Elternteil schließt den Vertrag im Auftrag des anderen und erhält dafür die Aufwendungen erstattet (§ 670 BGB). Ungeklärt ist, ob Zahlun...