1 Arbeitsrecht
1.1 Corona-Prämie für Pflegepersonal: Zu Voraussetzungen und Vererbbarkeit
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.3.2022, 5 Sa 1708/21
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Die Coronapandemie bringt für das Pflegepersonal in Krankenhäusern und der Altenpflege eine besonders herausfordernde Situation mit sich. Als Anerkennung der speziellen Belastungen in diesem Bereich wurde ein gesetzlicher Anspruch für Pflegekräfte auf einen Pflegebonus geschaffen. Dieser wurde für die Langzeit- und Altenpflege in § 150 a Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt und sah für das Jahr 2020 vor, dass Pflegekräfte Anspruch auf eine Corona-Prämie haben, wenn sie im Zeitraum vom 1. März 2020 bis einschließlich 31. Oktober 2020 mindestens 3 Monate für eine zugelassene Pflegeeinrichtung tätig waren.
2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
2.1 GmbH: Formerfordernisse für Vollmachten
OLG Bremen, Urteil v. 14.12.2021, 2 W 31/21
Die Gesellschafter einer GmbH schaffen es nicht immer, sich für die Gesellschafterbeschlüsse gleichzeitig an einem Ort zusammenzufinden. Beschlüsse können sie trotzdem fassen, beispielsweise – im Regelfall aber nur beim Einverständnis aller Gesellschafter oder einer Satzungsregelung – im schriftlichen Umlaufverfahren oder in Telefon- oder Videokonferenzen. Die Gesellschafter können sich außerdem bei der Beschlussfassung durch einen Bevollmächtigten (z.B. einen anderen Gesellschafter) vertreten lassen. Wenn die Satzung nichts anderes regelt, reicht für die Vollmacht die Textform aus. Zulässig sind dann nicht nur schriftliche Vollmachten, sondern auch solche per E-Mail oder Fax. Bei bestimmten gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, in denen spätere Streitigkeiten über die Legitimation des Vertreters besonders vermieden werden sollen, bedürfen Vollmachten jedoch einer strengeren Form. So müssen Vollmachten für die Gründung einer GmbH oder die Übernahme von Geschäftsanteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung notariell beglaubigt werden.
2.2 Keine Fortsetzung der GmbH nach Ablehnung des Insolvenzverfahrens
BGH, Beschluss v. 25.1.2022, II ZB 8/21
Die Entscheidung des BGH ist richtig. Das Gesetz sieht in § 60 Abs. 1 GmbHG Fälle vor, in denen die GmbH aufgelöst wird. Mit Auflösung tritt diese in das Abwicklungsstadium ein. Dies kann die Liquidation, aber auch die Insolvenz sein. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, steht fest, dass die GmbH nicht einmal das Vermögen besitzt, um die Kosten des Verfahrens zu decken. In diesem Zustand kann der Geschäftsführer das restliche Vermögen verwenden, um die Gläubiger teilweise zu befriedigen. Anschließend muss die Gesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht werden.
Die in § 60 Abs. 1 GmbHG aufgeführten Fälle eröffnen eine Fortsetzung der GmbH nur in bestimmten Fällen. Endet die GmbH beispielsweise durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit, können die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag ändern. Beschließen die Gesellschafter die Liquidation, können sie durch einen Fortsetzungsbeschluss davon wieder Abstand nehmen. In § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH ist die Fortsetzung sogar ausdrücklich geregelt: Wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben, können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. In § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbH fehlt diese Möglichkeit jedoch. Es besteht schon von Gesetzes wegen keine Möglichkeit, die GmbH fortzusetzen.
2.3 Steuerzahlung durch die Organgesellschaft anstelle der Organträgerin
BFH, Urteil v. 14.12.2021, VII R 15/19
Bereits zum alten Konkursrecht hat der BFH ausgeführt, der Wortlaut des § 39 KO lege die Auslegung nahe, dass die frühere Forderung wieder auflebe, somit keine neue Forderung entstehe (BFH, Urteil v. 2.7.2002, VI B 292/01, BFH/NV 2002 S. 1338).
Dass der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern nach § 143 Abs. 1 InsO kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO ist, über den durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO entschieden werden kann, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch ist (BFH, Urteil v. 12.11.2013, VII R 15/13, BStBl 2014 II S. 359, Rz. 6), steht dem zu § 144 Abs. 1 InsO gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Denn § 143 Abs. 1 InsO lässt – anders als § 144 Abs. 1 InsO – keinen früheren Anspruch wieder aufleben.
3 Land- und Forstwirtschaft
3.1 Grundstücksentnahme und Veräußerung innerhalb der 10-Jahres-Frist
BFH, Urteil v. 6.12.2021, IX R 3/21
Die ESt-Veranlagung des V war bestandskräftig. Die bislang unversteuert gebliebenen stillen Reserven konnten verfahrensrechtlich bei V für den Veranlagungszeitraum der Entnahme (2007) nicht mehr erfasst werden. Sie wurden nunmehr im Rahmen des § 23 EStG bei einer Veräußerung innerhalb von 10 Jahren nachträglich der Besteuerung unterworfen. Die Regelung dient der Sicherstellung der stillen Reserven in Fällen, in denen bei der Entnahme ein zu niedriger Wert angegeben wurde oder das Grundstück erfolgsneutral ausgebucht wurde und die Veranlagung des Entnahmejahres nicht mehr geändert werden kann.
3.2 Verpächterwahlrecht: Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft führt zur Betriebsaufgabe
BFH, Urteil v. 17.5.2018, VI R 73/15
Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil v. 17.5.2018, VI R 66/15 (BFH/NV 2018 S. 1315). Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 8.1...