1 Privat: Allgemein
1.1 Niedrig verzinste Darlehen: Welcher Vergleichszinssatz gilt bezüglich der Schenkungsteuer?
BFH, Urteil v. 31.7.2024, II R 20/22
Der Rezensionsentscheidung kommt Bedeutung für unbefristete niedrig verzinste Darlehen zu. Hierfür lässt der Gesetzgeber für die Bemessung der freigebigen Zuwendung einen unter 5,5 % liegenden Wert zu, wenn dieser andere Wert feststeht. Schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 BewG ergibt sich keine unmittelbare Nachweispflicht des niedrigeren Werts.
Ist die Kapitalüberlassung auf eine bestimmte Zeit beschränkt, geht der Gesetzgeber von einem Zinssatz von 5,5 % aus. Ein feststehender niedrigerer Zinssatz kann nicht herangezogen werden. Das Fehlen einer Regelung für den Ansatz eines niedrigeren Vergleichswerts ist m. E. verfassungsrechtlich bedenklich. Es dürfte eine Ungleichbehandlung von Kapitalüberlassungen für eine bestimmte und für eine unbestimmte Zeit vorliegen. Die aktuelle BFH-Entscheidung ist auch für einen verbilligten Zins zwischen Eltern und Kindern bedeutsam, weil durch Anwendung der BFH-Rechtsprechung ein niedrigerer persönlicher Freibetrag verbraucht wird. Der niedrigere Wert muss "feststehen" – gleichwohl sollte der Begünstigte Dokumentationen für den feststehenden Wert vorhalten. Vergleichsangebote sollten zum Besteuerungszeitpunkt eingeholt werden; alternativ wäre ein vergleichbarer Bundesbankzinssatz zu ermitteln und zu dokumentieren.
Offen ist gegenwärtig, ob freigebige Zuwendungen von Zinsvorteilen gleichzeitig auch als fiktive einkommensteuerpflichtige Zinserträge zu qualifizieren sind. M. E. zu Recht sieht das FG Schleswig-Holstein einen Vorrang der Besteuerung nach dem ErbSt-Recht vor der einkommensteuerlichen Erfassung (Schleswig-Holsteinisches FG, Urt. v. 17.9.2024, 4 K 34/24, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 30/24).
2 Privat - Arbeitnehmende
2.1 Dienstwagen: Keine Kürzung des geldwerten Vorteil um selbst getragene Maut, Fähr- und Parkkosten
BFH, Urteil v. 18.6.2024, VIII R 32/20
Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das nach der ständigen Rechtsprechung des für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zuständigen VI. Senats des BFH zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich privat nutzt.
Der BFH hat in seinem Urteil darüber hinaus entschieden, dass Prozesszinsen (§ 236 AO) steuerbare und steuerpflichtige Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG sind.
3 Privat - Immobilien
3.1 Mieter lädt Elektroauto an allgemeiner Steckdose: Darf Vermieter wegen Stromdiebstahls kündigen?
AG Leverkusen, Urteil v. 17.5.2024, 22 C 157/23
Da gegen das Urteil des AG Leverkusen keine Berufung beim LG Köln eingelegt wurde, ist es vermutlich rechtskräftig.
Wer als Mieter – umgangssprachlich formuliert – einen Stromdiebstahl begeht, muss mit einer Bestrafung wegen Entziehung elektrischer Energie sowie mit der fristlosen Kündigung durch den Vermieter rechnen. Inwieweit die Gerichte von einem wichtigen Grund wegen Störung des Hausfriedens ausgehen, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Vermieter sollten einen Stromdiebstahl durch einen Mieter möglichst genau dokumentieren. Das gilt neben den Zeiträumen auch für die Menge des dabei verbrauchten Stroms. Darüber hinaus muss der Vermieter ihn auch beweisen können, etwa durch eine Fotodokumentation hinsichtlich des manipulierten Stromzählers sowie durch Zeugenaussagen. Nur so haben sie eine Handhabe, um den Mieter auf Unterlassung zu verklagen bzw. in krassen Fällen zu kündigen. Wichtig ist, dass der Vermieter den Mieter zunächst abmahnt. Mieter sollten keinen Stromdiebstahl begehen. Das gilt auch, wenn es am Gebäude keinen Anschluss für ihr Elektroauto gibt.
3.2 Umsatzsteuer auf Photovoltaik-Anlage zu früh gezahlt. Anspruch auf Rückzahlung?
Amtsgericht München, Urteil v. 5.6.2024, 158 C 24118/23
3.3 Vollzugshemmung bei Grundstücksschenkung
BFH, Urteil v. 21.8.2024, II R 11/21
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen, dass die Schenkung bis zum Tod der P nicht mehr ausgeführt wurde, dürfte das Schenkungsversprechen durch Kollision erloschen sein, soweit keine Ausnahmekonstellation vorliegt, was nach Aktenlage nicht ersichtlich ist und nicht festgestellt wurde. In diesem Fall ist das FG nicht gehindert, den geänderten Schenkungsteuerbescheid insgesamt aufzuheben.
Sollte das FG hingegen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Schenkung noch zu Lebzeiten der P ausgeführt wurde, weist der Senat darauf hin, dass das FA bei der Ermittlung der Gegenleistung für die teilentgeltliche Übertragung des Grundstücks an die Klägerin den Kapitalwert der Nutzungs- und Leistungsauflagen nach § 14 Abs. 2 BewG zutreffend gekürzt hat. Es sind keine Gründe ersichtlich, bei der Anwendung von § 14 Abs. 2 BewG zwischen Leistungsauflagen einerseits sowie Nutzungs- und Duldungsauflagen andererseits zu unterscheiden.
4 Privat - Kapitalanlage
4.1 Unwirksame AGB: Bank muss Kontoführungsgebühren zurückerstatten
BGH, Urteil v. 19.11.2024, XI ZR 139/23
5 Unternehmen - Allgemein
5.1 Rückstellung für vorläufig festgesetzte Erstattungszinsen?
FG Münster, Urteil v. 28.8.2024, 9 K 615/24 K,G,F
Die Entscheidung des FG Münster ist als zutreffend anzusehen. Zu dem Klageverfahren gekommen ist es denn wohl auch im Wesentlichen, weil hier ein Insolvenzverwalter für die Klägerin, eine Genossenschaft in der Insolvenz, tätig gewesen ist. Vermutlich wäre ein "normaler" gesetzlicher Vertreter nicht so klagefreudig gewesen. Wie d...