1 Privat: Allgemein
1.1 Klage verspätet eingereicht: Wiedereinsetzung möglich?
FG Münster, Urteil v. 20.6.2024, 5 K 150/24 U;
Die Entscheidung zeigt auf, welche Schwierigkeiten immer dann auftreten, wenn ein steuerlicher Berater eine Wiedereinsetzung in eine Frist beantragt. Er muss nämlich glaubhaft machen, dass er ohne Verschulden gehandelt hat.
Hierbei stellt die Finanzrechtsprechung hohe – vielleicht zu hohe – Anforderungen. Sie führt nämlich regelmäßig aus, dass ein Berufsträger die "äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt zu walten lassen hat". Die Anforderungen, die deshalb im Einzelfall durch die Gerichte gefordert werden, sind dabei dann teils kaum zu erreichen.
Allerdings liegt es nach dem Sachverhalt gleichwohl nahe, dass hier der steuerliche Vertreter tatsächlich ein Verschuldensvorwurf zu machen ist. Dass auch über die Feiertage der Weihnachtszeit und den Jahreswechsel ein zentraler E-Mail-Account in der Kanzlei auf eingegangene Mail kontrolliert wird, wird man schon zu erwarten haben. Eine Urlaubsvertretung ist immer sicherzustellen.
1.2 Handwerkerleistungen: Keine Steuerermäßigung für freiwillige Vorauszahlungen
FG Düsseldorf, Urteil v. 18.7.2024, 14 K 1966/23 E
2 Privat: Spezialthemen Eltern
2.1 Kinderfreibetrag für das Jahr 2014: BVerfG prüft nicht Verfassungswidrigkeit
BVerfG, Beschluss v. 5.9.2024, 2 BvL 3/17
Die Entscheidung betrifft § 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 und Sätze 2 und 3 EStG in der 2014 geltenden Fassung. Der Kinderfreibetrag ist Teil des Familienleistungsausgleichs, der das Existenzminimum eines Kindes steuerlich freistellen soll.
3 Privat: Spezialthemen Immobilien
3.1 Erneuerung einer Heizungsanlage: Wann gibt es die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen?
BFH, Urteil v. 13.8.2024, IX R 31/23
Der BFH weist in seiner Entscheidung abschließend darauf hin, dass im Streitjahr 2021 eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gem. § 35a Abs. 3 EStG in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift werden allerdings nur die Arbeitskosten und nicht auch die Materialkosten begünstigt.
Soweit die Kläger erstmals im Revisionsverfahren (hilfsweise) einen Antrag nach § 35a EStG gestellt haben, konnte der BFH hierüber mangels Feststellungen in der Sache nicht selbst entscheiden. Aus diesem Grund verwies er die Sache an die Vorinstanz zurück. Der BFH verstand das Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass nach Verneinung der Voraussetzungen der Steuerermäßigung gem. § 35c EStG ein unbedingter Antrag auf Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG gestellt wird, denn der Steuerpflichtige müsse sich entscheiden, welche Steuerermäßigung er in Anspruch nimmt. Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG ist gem. § 35c Abs. 3 Satz 2 EStG subsidiär gegenüber der Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Der Antrag kann bis zur Bestandskraft des entsprechenden Einkommensteuerbescheids gestellt werden. Das FG wird nun Feststellungen dazu treffen müssen, in welcher Höhe im Jahr 2021 Arbeitskosten tatsächlich angefallen sind.
Abschließend wies der BFH darauf hin, dass es ausgeschlossen sein dürfte, dass die Kläger im Wege einer Tilgungsbestimmung beanspruchen können, dass die tatsächlich im Streitjahr gezahlten Beträge i.H.v. 2.000 EUR vollumfänglich – und nicht lediglich quotal – auf die im Rahmen des § 35a Abs. 3 EStG geltend gemachten Kosten angerechnet werden, obwohl die Gesamtrechnung nicht in 2021 beglichen worden ist.
3.2 Erbschaftsteuer: Steuerbegünstigung für Familienheim gilt nicht für baugleiche Wohnung
Niedersächsisches FG, Urteil v. 13.3.2024, 3 K 154/23
Das Urteil überrascht nicht, da es der BFH-Rechtsprechung entspricht (BFH, Urteil v. 6.5.2021, II R 46/19). Der Schutzzweck von § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c ErbStG ist nicht auf die bloße Erhaltung der in Immobilien ruhenden Vermögenswerte gerichtet, sondern zielt vielmehr auf die Sicherung des gegenständlich-räumlichen Fortbestands des eigengenutzten Wohneigentums einer Familie. Dem Zweck der Sicherung von Vermögenswerten wird jedoch bereits durch die allgemeinen erbschaftsteuerlichen Freibeträge gedient.
4 Privat: Spezialthemen Kapitalanlagen
4.1 Verkauf von GmbH-Anteilen unter Wert: Schenkung?
BFH, Urteil v. 10.4.2024, II R 22/21
Der BFH konnte in der Sache nicht selbst entscheiden, ob es im Urteilsfall tatsächlich zu einer Werterhöhung der Gesellschaftsanteile i. S. d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gekommen ist, da das FG hinsichtlich einer möglichen Werterhöhung dieser Anteile keine konkreten Feststellungen getroffen hatte. Daher hat er die Sache zurückverwiesen und für das weitere Verfahren darauf hingewiesen, dass – sollte eine Werterhöhung der Anteile an der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorliegen – diese nicht nach den §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt wäre. § 13a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 ErbStG gewährt einen sog. Verschonungsabschlag und einen sog. Abzugsbetrag, wenn – neben weiteren Voraussetzungen – Gegenstand des Erwerbs Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sind. Dies sei im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht der Fall. Zuwendungsgegenstand sei hier allein die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die nicht zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG zählen (R E 7.5 Abs. 13 ErbStR 2019; a. A. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz 174; Curdt in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rz 234; Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl., § 7 Rz 170 und Dannecker, Deutsches Steuerrecht 2020, 853, 857).
5 Unternehmen: Allgemein
5.1 Bekanntgabe eines Bescheids: Was gilt, wenn es mehrere Bevollmächtigte gibt?
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 18.6.2024,...