Abschluss energetischen Maßnahmen bei Ratenzahlung

Der Abschluss einer energetischen Maßnahme im Sinne des § 35c EStG liegt nicht bereits mit deren Fertigstellung, sondern erst mit der vollständigen Zahlung des Rechnungsbetrags auf das Konto des Erbringers der Leistung vor.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

§ 35c EStG sieht unter verschiedenen Voraussetzungen eine Steuerermäßigung bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden vor, die auf Antrag gewährt wird.

Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige das Gebäude im jeweiligen Kalenderjahr ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken nutzt (§ 35c Abs. 2 Satz 1 EStG). Weitere Voraussetzung ist u.a., dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung in deutscher Sprache erhalten hat, die die förderungsfähige energetische Maßnahme, die Arbeitsleistung des Fachunternehmens und die Adresse des begünstigten Objekts ausweist und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist (§ 35c Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 EStG).

Streitfrage: Zeitpunkt der Berücksichtigung der Steuerermäßigung bei Ratenzahlung

In welchem Jahr kann die Steuerermäßigung gewährt werden, wenn zur Begleichung des Rechnungsbetrags mit dem ausführenden Betrieb monatliche Ratenzahlungen über mehrere Jahre vereinbart worden sind?

Sachverhalt: Einbau einer neuen Heizungsanlage durch einen Handwerksbetrieb

Die zusammenveranlagten Kläger beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2021 die Steuerermäßigung nach § 35c EStG für Aufwendungen für energetische Maßnahmen bei dem am 1.1.2001 mit der Herstellung begonnenen und von ihnen bewohnten Einfamilienhaus. Diese Aufwendungen betrafen den Einbau eines neuen Gasbrennwertheizkessels bei einer Heizung, die nach der Bestätigung des Installationsunternehmens älter als zwei Jahre war.

Die Kosten für die Lieferung und Montage des neuen Gasbrennwertheizkessels im Februar 2021 beliefen sich laut der Rechnung auf 8.118,10 EUR. Darin enthalten waren auch Kosten für Monteurstunden und Fachhelferstunden. Seit März 2021 zahlten die Kläger gleichbleibende monatliche Raten in Höhe von 200 EUR. Im Streitjahr 2021 wurden infolgedessen 2.000 EUR bezahlt.

Das Finanzamt (FA) lehnte mit Einspruchsentscheidung vom 12.7.2023 die Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35c EStG unter Verweis auf das BMF-Schreiben vom 14.1.2021 (BStBl I 2021, 103) ab. Die energetische Maßnahme sei erst dann „abgeschlossen“, wenn die Leistung tatsächlich erbracht worden sei, die steuerpflichtige Person eine Rechnung erhalten und den Rechnungsbetrag auf ein Konto des Leistungserbringers eingezahlt habe. An dieser Zahlung fehle es im Jahr 2021. Erst mit Begleichung der letzten Rate im Jahr 2024 komme eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG in Betracht.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG urteilte, dass zwar alle Voraussetzungen bis auf die vollständige Bezahlung der Handwerkerleistung vorlägen. Eine energetische Maßnahme gelte jedoch erst dann im Sinne des § 35c Abs. 1 Satz 1 EStG als abgeschlossen, wenn nicht nur die Leistung vollständig erbracht sei, sondern der Steuerpflichtige auch eine Rechnung (Schlussrechnung, keine Rechnung über Teilleistungen) erhalten und den gesamten Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers gezahlt habe. Eine Novation durch Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung verneinte das FG. Demzufolge liege für die Raten, die in 2021 noch nicht gezahlt worden seien, auch kein Abfluss nach § 11 Abs. 2 EStG vor.

Revisionsbegründung

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision. Die Kläger sind der Ansicht, dass im Streitjahr 2021 die Steuerermäßigung nach § 35c EStG zumindest auf den tatsächlich gezahlten Betrag in Höhe von 2.000 EUR anzuerkennen sei. Dem Gesetzeswortlaut "Abschlusses der Maßnahme" sei nicht zu entnehmen, dass die Steuerermäßigung erst zu gewähren sei, wenn der Rechnungsbetrag vollständig gezahlt sei. Dass eine Rechnung erstellt worden sei und der Steuerpflichtige sie unbar bezahlt habe, sei zwar Voraussetzung für die Steuerermäßigung (§ 35c Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG). Aus dem Gesetz ergebe sich allerdings nicht, dass dies im Jahr der bautechnischen Umsetzung erfolgen müsse.

Erstmals im Revisionsverfahren tragen die Kläger vor, dass die Aufwendungen hilfsweise nach § 35a Abs. 3 EStG zu berücksichtigen seien. Ausweislich der Rechnung vom 13.3.2021 sei Arbeitslohn in Höhe von 1.681,47 EUR in Rechnung gestellt worden, der im Streitjahr 2021 unbar bezahlt worden sei.

Entscheidung: BFH hält die Revision für begründet und hat die Sache an das FG zurückverwiesen

Der BFH hält die Revision für begründet. Er hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Hierzu führen die Richter u.a. aus:

  • Gemäß § 35c Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um je 14.000 EUR und im übernächsten Kalenderjahr um 6 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 12.000 EUR.
  • Wann der Abschluss der energetischen Maßnahme nach § 35c Abs. 1 Satz 1 EStG anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber im EStG nicht definiert. Die Finanzverwaltung und Teile des Schrifttums vertreten die Ansicht, dass erst mit der Zahlung des Rechnungsbetrags die energetische Maßnahme abgeschlossen ist.
  • Dieser Auffassung schließt sich der BFH an. Nach den Feststellungen des FG fehlt es im Streitjahr 2021 an der vollständigen Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung.

Hinweis: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen (§ 35a EStG)

Der BFH weist in seiner Entscheidung abschließend darauf hin, dass im Streitjahr 2021 eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gemäß § 35a Abs. 3 EStG in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift werden allerdings nur die Arbeitskosten und nicht auch die Materialkosten begünstigt.

Soweit die Kläger erstmals im Revisionsverfahren (hilfsweise) einen Antrag nach § 35a EStG gestellt haben, konnte der BFH hierüber mangels Feststellungen in der Sache nicht selbst entscheiden. Aus diesem Grund verwies er die Sache an die Vorinstanz zurück.

Der BFH verstand das Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass nach Verneinung der Voraussetzungen der Steuerermäßigung gemäß § 35c EStG ein unbedingter Antrag auf Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG gestellt wird, denn der Steuerpflichtige müsse sich entscheiden, welche Steuerermäßigung er in Anspruch nimmt. Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG ist gemäß § 35c Abs. 3 Satz 2 EStG subsidiär gegenüber der Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Der Antrag kann bis zur Bestandskraft des entsprechenden Einkommensteuerbescheids gestellt werden. Das FG wird nun Feststellungen dazu treffen müssen, in welcher Höhe im Jahr 2021 Arbeitskosten tatsächlich angefallen sind.

Abschließend wies der BFH darauf hin, dass es ausgeschlossen sein dürfte, dass die Kläger im Wege einer Tilgungsbestimmung beanspruchen können, dass die tatsächlich im Streitjahr gezahlten Beträge in Höhe von 2.000 EUR vollumfänglich – und nicht lediglich quotal – auf die im Rahmen des § 35a Abs. 3 EStG geltend gemachten Kosten angerechnet werden, obwohl die Gesamtrechnung nicht in 2021 beglichen worden ist.

BFH, Urteil v. 13.8.2024, IX R 31/23; veröffentlicht am 10.10.2024

Alle am 10.10.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen



Schlagworte zum Thema:  Handwerkerleistung, Sanierung, Einkommensteuer