Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei Auftragsprüfung Kompetenz des beauftragenden Finanzamts zur Entscheidung über Einspruch gegen vom beauftragten Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung. Aufhebung einer auf nicht mehr zutreffendem Sachverhalt beruhenden Prüfungsanordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Falle einer Beauftragung mit einer Außenprüfung hat nicht das beauftragte, sondern das beauftragende Finanzamt über den gegen die entsprechende Prüfungsanordnung gerichteten Einspruch zu entscheiden, wenn die Prüfungsanordnung von dem beauftragten Finanzamt erlassen worden ist und die Rechtmäßigkeit der Beauftragung vom Steuerpflichtigen in Zweifel gezogen wird (Abweichung vom BFH, Urteil v. 18.11.2008, VIII R 16/07).
2. Die Prüfungsanordnung ist als rechtswidrig aufzuheben, wenn Grundlage der Ermessensentscheidung ein zwischenzeitlich nicht mehr zutreffender Sachverhalt war.
Normenkette
AO § 195 S. 2, § 357 Abs. 2 Sätze 1, 3, § 367 Abs. 1, 3 S. 1, §§ 196, 5
Tenor
Die Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2009 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009.
Das Finanzamt A. (FA A.) hatte am 8. Februar 2008 gegen die Klägerin, die seinerzeit ihren Sitz in R. – und damit im Bezirk des FA A. – hatte, eine Prüfungsanordnung zur Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für 2006 sowie die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2007 erlassen. Die Prüfung sollte nach der Prüfungsanordnung am 28. Februar 2008 um 8.00 Uhr „im Unternehmen” der Klägerin beginnen. Da der Prüfer zu diesem Zeitpunkt in den Geschäftsräumen der Klägerin niemanden angetroffen hatte, forderte das FA A. die Klägerin mit Schreiben vom 28. Februar 2008 auf, „die Buchführungsunterlagen” bis zum 10. März 2008 zur Einsicht in den Räumen des Unternehmens bzw. in den Räumen des FA A. vorzulegen. Eine Reaktion der Klägerin hierauf erfolgte nicht. Das FA A. drohte der Klägerin deswegen mit Bescheid vom 7. April 2008 ein Zwangsgeld in Höhe von 200 EUR für den Fall an, dass die Klägerin die Buchführungsunterlagen nicht bis zum 2. Mai 2008 vorlegen sollte. Da diese Androhung ebenfalls erfolglos blieb, setzte das FA A. mit Bescheid vom 14. Mai 2008 gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in entsprechender Höhe fest.
Mit Schreiben vom 29. September 2008 teilte die Klägerin dem FA A. sodann mit, dass sie ihren Sitz ab 1. Oktober 2008 nach S. (Bezirk des beklagten Finanzamts – FA –) verlegen werde. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 beauftragte daraufhin das FA das FA A. mit der Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für 2006 sowie für die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2007; als Begründung für die Beauftragung gab das FA an, dass mit der Prüfung bereits begonnen worden sei. Eine (unmittelbare) Bekanntgabe des Prüfungsauftrags an die Klägerin erfolgte nicht. Das FA A. hob daraufhin mit Verfügung vom 22. Januar 2009 die Prüfungsanordnung vom 8. Februar 2008 auf; mit einer weiteren Verfügung vom 22. Januar 2009 ordnete das FA A. aufgrund des erwähnten Prüfungsauftrags des FA vom 30. Dezember 2008 die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für das Jahr 2006 sowie die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2007 an. Den dagegen von der Klägerin beim FA A. eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsbescheid vom 5. Februar 2009 zurück.
Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass eine Durchführung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch das FA A. für sie mit unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.
Die Klägerin beantragt,
die Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass die Prüfung durch das FA A. deswegen ermessensgerecht sei, weil das FA A. mit der Prüfung bereits begonnen habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Prüfungsanordnung und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Im Einzelnen:
Das FA war befugt, über den Einspruch der Klägerin gegen die vom FA A. erlassene Prüfungsanordnung zu entscheiden. Zwar hat der BFH mit Urteil vom 18. November 2008 (VIII R 16/07, BFH/NV 2009, 625) entschieden, dass im Falle einer Beauftragung mit einer Außenprüfung das beauftragte Finanzamt über den gegen die entsprechende Prüfungsanordnung gerichteten Einspruch zu entscheiden habe, wenn die Prüfungsanordnung von dem beauftragten Finanzamt erlassen worden war. Die Anwendung dieser Rechtsprechung würde im vorliegenden Fall dazu führen, d...