Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren bei pauschalierenden Landwirten
Leitsatz (amtlich)
Landwirte, die der Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen, haben im Kostenfestsetzungsverfahren einen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer
Normenkette
FGO § 139; ZPO § 104 Abs. 2 S. 3; UStG § 24
Gründe
Die Erinnerung ist begründet. Die durch den Bevollmächtigten in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer ist erstattungsfähig.
Zu den Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens zählen neben den Gerichtskosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens (§ 139 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig (§ 139 Abs. 3 Satz 1 FGO). Zu diesen Auslagen gehört auch die auf die Vergütung des Prozessbevollmächtigten entfallende Umsatzsteuer, die dieser nach Nr. 7008 VV (Vergütungsverzeichnung zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz RVG) in voller Höhe beanspruchen kann, sofern die Umsatzsteuer nicht nach § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unerhoben bleibt.
Für die Berücksichtigung der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren genügt es nach § 155 FGO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO), dass der Antragsteller erklärt, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
Im Streitfall hat der Erinnerungsführer eine entsprechende Erklärung abgegeben. Diese Erklärung bleibt auch nicht deshalb unbeachtet, weil sie anhand des bekannten Sachverhalts zweifelsfrei unrichtig ist, so dass das Gericht - wäre es an die Erklärung gebunden - sehenden Auges eine offensichtlich falsche Entscheidung treffen müsste (Beschluss des OLG Nürnberg vom 17.06.2002 4 W 1787/02, MDR 2002, 1396). Unstreitig ist der Erinnerungsführer als Landwirt Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Die Leistung des Bevollmächtigten wurde auch für das Unternehmen des Landwirts erbracht, da das Klageverfahren den Streit um Zwangsgelder zur Abgabe der Bilanz betraf.
Ob der Erinnerungsführer die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer aber tatsächlich als Vorsteuer abziehen kann, ist nicht offenkundig, da er seine Umsatzsteuerschuld nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG ermittelt. Dies ist eine Frage des materiellen Umsatzsteuerrechts, zu der unterschiedliche Auffassungen vertretbar bzw. detaillierte Prüfungen erforderlich sind.
Zum Vorsteuerabzug des pauschalierenden Landwirts ist in § 24 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG geregelt, dass die Vorsteuer in Höhe der entstandenen Mehrwertsteuer fingiert wird und ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt. Im Ergebnis ist ein solcher Landwirt also teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, jedoch kommt es aufgrund der Fiktion und des weiteren Vorsteuerausschlusses weder zu einer Zahllast noch zu einem Erstattungsanspruch, solange der Landwirt nicht zur Regelbesteuerung optiert. Die vom Bevollmächtigten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer fällt, je nach Höhe der tatsächlich beim Erinnerungsführer angefallenen Vorsteuer, entweder unter die Fiktion des Satzes 3 oder unter den Ausschluss des Satzes 4, damit die feststehende Rechtsfolge einer Nullsumme eintritt. Es wäre daher zu ermitteln, wie sich die Vorsteuerbelastung im Jahr der Honorarnote darstellt. Die Sach- und Rechtslage ist daher alleine nach der vorliegenden Aktenlage nicht zweifelsfrei festzustellen.
Soweit der Erinnerungsgegner vorträgt, dass der pauschalierende Landwirt dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, verkürzt er die Regelung des § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO, wonach gerade erforderlich wäre, dass die (in Rechnung gestellten) Beträge als Vorsteuer abziehbar sind. Zutreffend wird argumentiert, dass die Besteuerung nach Durchschnittssätzen in erster Linie der Vereinfachung der Steuerfestsetzung dient, da mit makroökonomischen Untersuchungen die typischerweise anfallenden Vorsteuerbeträge ermittelt und in Form des besonderen Steuersatzes nach § 24 UStG pauschaliert werden. Der Landwirt nimmt daher prinzipiell einen Vorsteuerabzug in Anspruch, jedoch erfasst dieser nicht in jedem Fall, den vom Bevollmächtigten in Rechnung gestellten Betrag.
Auf solche Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechts kommt es indes im Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nicht an. Mit dem Anfügen des Satzes 3 an § 104 Abs. 2 ZPO wollte der Gesetzgeber das Kostenfestsetzungsverfahren bewusst von möglicherweise strittigen Fragen des materiellen Steuerrechts freihalten (vgl. amtlich Begründung der BT-Drs. 12/6962 vom 04.03.1994, S. 110f). So sind der gegnerischen Prozesspartei i.d.R. die steuerlichen Verhältnisse der Gegenpartei unbekannt. Lediglich in Verfahren der Finanzgerichtsbarkeit hat die beklagte Behörde häufig nähere Kenntnisse, die jedoch meist im eigentlichen Rechtss...