rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung zur Auszahlung des Kindergeldes

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die. Beteiligten streiten über die Frage, ob ein privater Arbeitgeber zur Auszahlung des Kindergeldes verpflichtet und unter welchen Voraussetzungen er von dieser Pflicht zu befreien ist.

Der Kläger betreibt als … Händler ein … in … mit jeweils einer Betriebsstätte in der … und in … Das … beschäftigt gegenwärtig 58 Arbeitnehmer mit Lohnsteuerkarte und etwa 5 bis 10 (wechselnd) Aushilfskräfte, deren Arbeitslohn pauschal versteuert wird (vgl. Bl. 248, 266 der Prozeßakte = PA). 17 Arbeitnehmer beziehen Kindergeld, und zwar 15 Mitarbeiter für jeweils ein Kind, ein Mitarbeiter für zwei Kinder und ein weiterer Mitarbeiter für drei Kinder. Der Kläger hat seit dem 1. Januar 1996 noch kein Kindergeld ausgezahlt. Dementsprechend weisen die von ihm eingereichten Lohnsteueranmeldungen für Januar bis Mai 1996 (Bl. 244–248 PA) kein ausgezahltes Kindergeld aus. Der Kläger hat die ihm vorgelegten Kindergeldbescheinigungen an seine Mitarbeiter zurückgegeben, welche die Bescheinigungen wieder an die für sie zuständigen Familienkassen zurückgereicht haben und seitdem von dort Kindergeld erhalten. Bei Umsatzerlösen von 34,9 Mio. DM in 1994 und von 33,4 Mio. DM in 1995 wandte der Kläger Personalkosten von jährlich rund 3,6 Mio. DM auf. Von Januar bis Mai 1996 führte der Kläger monatlich Lohnsteuerbeträge zwischen rund 35.000,– DM und rund 46.000,– DM ab.

Mit Schreiben vom 25. September 1995 beantragte der Kläger, ihn von der Verpflichtung zur Auszahlung des Kindergeldes zu befreien. Andernfalls müsse der Betrieb einen weiteren Arbeitnehmer in der Personalabteilung beschäftigen, was aber aus Kostengründen nicht tragbar sei.

Durch Bescheid vom 13. Dezember 1995 lehnte der Beklagte den Befreiungsantrag ab. Unter Hinweis auf § 3 der Verordnung zur Auszahlung des Kindergeldes an Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes (Kindergeldauszahlungs-Verordnung – KAV) vom 10. November 1995 (BGBl I S. 1510) führte der Beklagte aus, der Betrieb des Klägers beschäftige auf Dauer mehr als 50 Arbeitnehmer, die eine Lohnsteuerkarte vorzulegen hätten.

Hiergegen legte der Kläger am 22. Dezember 1995 Widerspruch ein. Die völlig überforderte Personalabteilung könne die zusätzlichen Anforderungen nicht bewältigen. Überdies hätten die … Werke AG den Händlervertrag zum 31. Dezember 1995 gekündigt, um ab 1996 den Generalrabatt herabzusetzen. Er, der Kläger, beabsichtige deshalb, Personalkosten dadurch einzusparen, daß er in 1996 etwa 10 Arbeitnehmern kündigen werde, so daß er künftig nur noch 50 Beschäftigte haben werde.

Den als Einspruch zu behandelnden Widerspruch wies der Beklagte durch Entscheidung vom 3. April 1996 als unbegründet zurück. Er machte geltend, der Kläger beschäftige mehr als 50 Arbeitnehmer. An der Gültigkeit der Rechtsverordnung und der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Auszahlungspflicht bestünden keine Zweifel. Die Verpflichtung der privaten Arbeitgeber stelle eine zulässige Regelung der Berufsausübung nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG dar, die durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls getragen werde. Bei dem monatlichen Kindergeld handele es sich nunmehr im Regelfall um eine Steuervergütung, so daß es nahegelegen habe, deren Auszahlung mit dem Abzug der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber zu verknüpfen und zu verrechnen. Der Arbeitnehmer erhalte von einer Stelle Nettolohn und Kindergeld. Da die verbindliche Kindergeldbescheinigung von der Familienkasse ausgestellt werde und einfach, aber eindeutig gestaltet sei, halte sich die Mehrbelastung des Arbeitgebers im Rahmen des Zumutbaren. Die begrenzte Inanspruchnahme privater Arbeitgeber ohne Entgeltszahlung verletze nicht die Gewährleistung des Eigentums gemäß Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Sie bewege sich noch im Rahmen der gesetzlichen Inhaltsbestimmung im Sinne des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Befreiungsvorschrift verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 GG. Durch die typisierende Grenzziehung bei höchstens 50 Arbeitnehmern sollten kleine Betriebe mit möglicherweise fehlender Erfahrung und Ausstattung sowie Betriebe mit häufig wechselndem Personal und damit erhöhtem Verwaltungsaufwand entlastet werden. Die Einteilung der Arbeitgeber entspreche der Umschreibung der Größenklasse der kleinen Kapitalgesellschaften in § 267 Abs. 1 Nr. 3 HGB.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Zur finanziellen Belastung bei einer etwaigen Auszahlung des Kindergeldes trägt der Kläger vor, er rechne mit Mehrkosten von jährlich 30.000,– DM für die Beschäftigung einer neuen Arbeitskraft als Lohnbuchhalterin, von einem noch zu beziffernden Einmalbetrag für die erforderliche Aufrüstung des auch in der Lohnbuchhaltung eingesetzten EDV-Programms … einschließlich Einweisung und von jährlich mindestens 480,– DM für die notwendige Vorfinanzierung des Kinderg...

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