Tz. 22a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO ist die AdV/Aufhebung der Vollziehung bzgl. Steuerbescheiden grds. beschränkt auf den Unterschiedsbetrag, der sich aus festgesetzter Steuer und den anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen, die anzurechnende KSt und die festgesetzten Vorauszahlungen ergibt. Mit der Vorschrift werden rein fiskalische Zwecke verfolgt, indem in Erstattungsfällen eine Aussetzung oder eine Aufhebung der Vollziehung grds. ausgeschlossen wird, um Steuerausfälle durch vorläufige Steuererstattungen zu vermeiden (krit. Stapperfend in Gräber, § 69 FGO Rz. 257 ff.; Seer in Tipke/Kruse, § 69 FGO Rz. 181 ff.; a. A. Gosch in Gosch, § 69 FGO Rz. 197 ff.; zum Ganzen eingehend Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz. 541 ff.). Dies gilt gem. § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO auch für das gerichtliche AdV-Verfahren.
Tz. 22b
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz (Rz. 22a) besteht in den Fällen, in denen die AdV/Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO). Wesentliche Nachteile in diesem Sinn liegen nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn durch die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen unmittelbar und ausschließlich bedroht sein würde (z. B. BFH v. 22.12.2003, IX B 177/02, BStBl II 2004, 367 m. w. N.). Darüber hinaus gewährleistet § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO aufgrund des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes, dass wegen wesentlicher Nachteile zugunsten des Bürgers von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen werden kann, wenn ein unabweisbares Interesse dies gebietet (BVerfG v. 07.12.1997, 2 BvF 1, 2, 4, 5/77, BVerfGE 46, 337, 340), um eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten zu vermeiden, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG v. 15.08.2002, 1 BvR 179/00, NJW 2002, 3691; BVerfG v. 16.05.1995, 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 14; BVerfG v. 25.10.1988, 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 74 f.; BFH v. 22.12.2003, IX B 177/02, BStBl II 2004, 367).