Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 139 Abs. 1 FGO sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens erstattungsfähig. Daraus folgt eine Kostenminimierungspflicht der Beteiligten, also die Pflicht jedes Beteiligten, die Kosten der Prozessführung, die ihm ggf. zu erstatten sein werden, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung seiner prozessualen Belange vereinbaren lässt (BVerwG v. 11.09.2007, 9 KSt 5/07, NJW 2007, 3656; BFH v. 25.03.2015, X K 8/13, juris; BFH v. 15.06.2015, III R 17/13, BFH/NV 2015, 1101). Die Kosten des Vorverfahrens werden nach § 139 Abs. 1 FGO zu Kosten des Gerichtsverfahrens, wenn dem Vorverfahren ein Klageverfahren folgt (BVerfG v. 20.06.1973, 1 BvL 9/71, 1 BvL 10/71, BStBl II 1973, 720, 722).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Aufwendungen i. S. von § 139 Abs. 1 FGO sind alle den Beteiligten tatsächlich entstandenen Kosten in Geld oder Sachwerten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem konkreten Rechtsstreit stehen (Brandis in Tipke/Kruse, § 139 FGO Rz. 7). Mittelbare Aufwendungen (z. B. Kosten des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren) oder fiktive Aufwendungen (z. B. eigene Arbeitsleistung oder entgangener Gewinn) sind daher nicht erstattungsfähig (Brandis in Tipke/Kruse, § 139 FGO Rz. 7; Schwarz in HHSp, § 139 FGO Rz. 188 f.). Von den gesetzlichen Gebühren und Auslagen für Bevollmächtigte und Beistände nach näherer Maßgabe des RVG (s. Rz. 7 ff.) abgesehen, kommen an erstattungsfähigen Aufwendungen des Klägers insbes. Reisekosten in Betracht, sei es zum auswärtigen Sitz des Gerichts, und zwar auch neben den Reisekosten des Bevollmächtigten (FG He v. 05.02.1974, B II 24/73, EFG 1974, 435), sei es zu einem nicht am Ort wohnhaften Bevollmächtigten oder Beistand. Entschädigung für Zeitversäumnisse und Verdienstausfall kommen nur insoweit in Betracht, als diese durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen eingetreten sind (FG Ha v. 27.08.1981, II 143/81, EFG 1982, 193). Mehrkosten für einen auswärtigen Rechtsanwalt sind als notwendige Kosten erstattungsfähig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann, weil der auswärtige Rechtsanwalt über besondere Fachkenntnisse in einer den konkreten Fall betreffenden rechtlichen Spezialmaterie und/oder besondere zur Fallbearbeitung notwendige Kenntnisse auf tatsächlichem Gebiet verfügt, die ihn von anderen ortsansässigen Rechtsanwälten abheben (FG Ha v. 15.06.2012, 3 KO 208/11, DStRE 2013, 689; FG Ha v. 18.06.2012, 3 KO 209/11, RVGreport 2012, 426). Kosten für Angestellte des Klägers, z. B. Syndikusanwälte, werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 3 Satz 4 FGO). Provisionen für Bürgschaften, durch die der Finanzbehörde Sicherheit zur Abwendung der Vollziehung eines Abgabenbescheids geleistet worden ist, werden nicht erstattet (BFH v. 08.02.1972 BStBl II 1972, 429; BFH v. 19.04.1972 BStBl II 1972, 553). Nach § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO genügt zur Berücksichtigung von USt-Beträgen bei der Kostenerstattung die Erklärung des Antragstellers, dass der die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann; steht jedoch fest, dass er vorsteuerabzugsberechtigt ist, so wird die USt nicht erstattet und auf die Erklärung des Antragstellers, er werde die USt-Beträge nicht zum Vorsteuerabzug nutzen, kommt es nicht an (FG Sa v. 10.11.2003, 1 S 195/03, EFG 2004, 136).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Aufwendungen dienen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn sie durch Maßnahmen verursacht werden, die der Beteiligte bei verständiger Würdigung der gegebenen Sach- und Rechtslage für geeignet halten durfte. Notwendig sind die Aufwendungen, ohne die die sachdienlichen Maßnahmen nicht hätten getroffen werden können (Brandis in Tipke/Kruse, § 139 FGO Rz. 8; Schwarz in HHSp, § 139 FGO, Rz. 187). Kosten für Privatgutachten sind im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) in der Regel im Finanzprozess nicht notwendig und daher grds. nicht erstattungsfähig. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Aufwendungen für private Rechtsgutachten im finanzgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind, kommen nur dann in Betracht, wenn schwierige technische Fragen zu beurteilen sind, wenn mit dem eingeholten Gutachten ein bereits vorliegendes Gutachten des anderen Beteiligten widerlegt werden soll oder wenn es um die Beantwortung von Fragen aus einem anderen Rechtsgebiet geht (FG Köln v. 16.09.2002, 10 Ko 2211/02, EFG 2003, 56). Aufwendungen zur Durchführung eines Betreuungsverfahrens, das dazu dient, die Prozessfähigkeit eines Beteiligten zu klären, können notwendige und damit erstattungsfähige Kosten eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein (FG Sa v. 19.11.2013, 2 KO 1369/13, EFG 2014, 1213).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unter den in Rz. 4 genannten Voraussetzungen si...