Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gemäß § 218 Abs. 2 AO muss die Finanzbehörde über alle Streitigkeiten, die das Bestehen oder Nichtbestehen von Zahlungsansprüchen betreffen, durch besonderen Verwaltungsakt – Abrechnungsbescheid – entscheiden; dies betrifft auch Streitigkeiten über Erstattungsansprüche (s. § 37 AO (Abs. 2), s. § 218 AO (Abs. 2 Satz 2)). Der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr insolvenzrechtlich angefochtener Leistungen (§§ 129ff. InsO) ist kein Anspruch i. S. des § 37 Abs. 2 AO, folglich auch nicht Regelungsgegenstand eines Abrechnungsbescheids (BFH v. 05.09.2012, VII B 95/12, BStBl II 2012, 854; a. A. noch BFH v. 23.09.2009, VII R 43/08, BStBl 2010, 215; BFH v. 24.11.2011, V R 13/11, BStBl II 2012, 298). Inhalt des Abrechnungsbescheids ist die verbindliche Feststellung, ob und inwieweit der nach Art, Betrag sowie ggf. nach Zeitraum bezeichnete Zahlungsanspruch des Stpfl. oder des FA bereits erloschen ist (s. § 47 AO), d. h. wirksam gezahlt, aufgerechnet, verrechnet, erlassen oder verjährt ist (BFH v. 21.11.2006, VII R 68/05, BStBl II 2007, 291; BFH v. 28.02.2012, VII R 36/11, BStBl II 2012, 451; BFH v. 10.03.2015, VII R 26/13, BFH/NV 2015, 956). Offenkundig werden unterschiedliche Ansichten oft nach der Übersendung von Kassenmitteilungen und Kontoauszügen. Derartige Mitteilungen haben lediglich informatorischen Charakter und stellen daher keinen Verwaltungsakt i. S. des § 118 AO dar (s. § 118 AO Rz. 10). Entsprechend kann die begehrte Klärung durch einen Abrechnungsbescheid erreicht werden (BFH v. 15.01.2007, IX B 239/06, BFH/NV 2007, 1088; BFH v. 26.10.2009, II B 58/09, BFH/NV 2010, 174).
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Streit besteht im Regelfall zwischen dem Zahlungspflichtigen und dem FA, er kann aber auch zu Dritten bestehen, z. B. im Verhältnis zwischen Pfändungspfandgläubiger und FA (BFH v. 30.11.1999, VII R 97/98, BFH/NV 2000, 1213). Nach BFH v. 14.07.1987, VII R 72/83, BStBl II 1987, 802 entscheidet das FA über eine Streitigkeit, die einen durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuerkannten Erstattungsanspruch betrifft, durch Abrechnungsbescheid, wobei auch die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Gegenstand der Entscheidung sein kann (auch BFH v. 19.03.1998, VII B 175/97, BFH/NV 1998, 1447). Indes kein Abrechnungsbescheid über Rückzahlungsanspruch einer Bank wegen versehentlicher Überweisung nicht gepfändeter Beträge (BFH v. 11.12.2012, VII R 13/12, BFH/NV 2013, 897; Bartone, juris PR-SteuerR 13/2014, Anm. 1).
Tz. 16
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Der Abrechnungsbescheid ist von den Verwaltungsakten, die in § 218 Abs. 1 AO genannt sind, zu unterscheiden. Diese betreffen die materiellrechtliche Grundlage für die Entstehung des Zahlungsanspruchs, während der Abrechnungsbescheid ausschließlich die Verwirklichung der Zahlungsansprüche betrifft, d. h. das zeitlich nach der Entstehung des Zahlungsanspruchs liegende Schicksal desselben. Deshalb können auch Einwände, die den materiellrechtlichen Grund eines bestandskräftigen Steuerbescheids betreffen, grundsätzlich nicht gegen einen Abrechnungsbescheid erhoben werden (BFH v. 23.08.2001, VII R 94/99, BStBl II 2002, 330; BFH v. 30.03.2010, VII R 17/09, BFH/NV 2010, 1412).
Tz. 17
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Der Stpfl. kann jedoch geltend machen, dass das Zahlenwerk nicht richtig übernommen worden ist (BFH v. 02.07.1987, VIII R 65, 95, BFH/NV 1988, 142) oder dass ein ihm aufgrund eines Verwaltungsakts i. S. des § 218 Abs. 1 AO zustehender Erstattungsanspruch noch nicht erfüllt ist (BFH v. 24.09.1991, VII R 137/87, BFH/NV 1992, 505), dessen Erfüllung die Finanzbehörde sich berühmt.
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Neben diesen Einwänden erfährt der Grundsatz, dass im Abrechnungsverfahren die Rechtmäßigkeit von Steuerbescheiden nicht zu prüfen ist, verschiedentlich Durchbrechungen: Bei Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit einer Aufrechnung des FA mit einer USt-Vorauszahlungsforderung des Stpfl., die (noch) nicht über einen Jahressteuerbescheid in Bestandskraft erwachsen ist, entscheidet das FA im Abrechnungsbescheid auch über den materiellrechtlichen Bestand der Vorauszahlungsschuld (BFH v. 15.06.1999, VII R 3/97, BStBl II 2000, 46). Begehrt der Stpfl. die Einbeziehung bestimmter Kapitalerträge in das von ihm zu versteuernde Einkommen, um dadurch im Ergebnis die Anrechnung der Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer gem. § 36 Abs. 2, 3 EStG zu erreichen, so bestehen (auch) Streitigkeiten über die Verwirklichung der Steueransprüche i. S. von § 218 Abs. 2 AO, die den Erlass eines Abrechnungsbescheids rechtfertigen (BFH v. 26.11.1997, I R 110/97, BFH/NV 1998, 581).
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die mit der Steuerfestsetzung häufig verbundene An- oder Abrechnungsverfügung (s. § 157 AO Rz. 15 f.) ist kein Abrechnungsbescheid i. S. des § 218 Abs. 2 Satz 1 AO, weil sie unabhängig von etwaigen Streitigkeiten über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältni...