Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Auch Schätzungen sind lediglich Schlussfolgerungen und keine Tatsachen (BFH v. 26.02.2002, X R 59/98, BStBl II 2002, 450). Ein Steuerbescheid kann nach § 173 Abs. 1 AO aber geändert oder aufgehoben werden, wenn neue Tatsachen festgestellt werden, die der Schätzung zugrunde liegen (sog. Schätzungsgrundlagen, BFH v. 05.08.2004, VI R 90/02; BFH/NV 2005, 501; hierzu: Schlüßel, AO-StB 2005, 95; Loose in Tipke/Kruse, § 173 AO Rz. 10; von Wedelstädt in Gosch, § 173 AO Rz. 15 ff. m. w. N.; AEAO zu § 173, Nr. 1.1.1). Eine neue Schätzung ist somit nur dann geeignet, eine Änderung des bisherigen Bescheids zu rechtfertigen, wenn sie auf neuen Schätzungsgrundlagen beruht (BFH v. 02.03.1982, VIII R 225/80, BStBl II 1984, 504, 508; BFH v. 27.10.1992, VIII R 41/89, BStBl II 1993, 569 m. w. N.). Die Änderung ist jedoch nur im Ausmaß der nachträglich bekannt gewordenen Schätzungsunterlagen zulässig (AEAO zu § 173, Nr. 7.1). Der Übergang zu einer anderen Schätzungsart kommt nur dann in Betracht, wenn eine aufgedeckte neue Tatsache dies erfordert (BFH v. 02.03.1982, VIII R 225/80, BStBl II 1984, 504, 508). Diese Voraussetzung liegt z. B. vor, wenn spätere Tatsachen erkennen lassen, dass die bisherige Schätzungsmethode unbrauchbar war (BFH v. 27.10.1992, VIII R 41/89, BStBl II 1993, 569). Zu niedrigeren Steuern führen nach einer vorausgegangenen Gewinnschätzung nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, aus deren Gesamtwürdigung sich eine niedrigere Steuer ergibt (BFH v. 28.03.1985, IV R 159/82, BStBl II 1986, 120), dabei kommt es auf den tatsächlichen Gewinn an und es wird nicht auf die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben abgestellt (Bartone in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 822).

 

Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein durch Vermögensvergleich neu festgestellter Vermögenszuwachs kann die Berichtigung einer Schätzung rechtfertigen, die auf Erfahrungssätzen beruht oder in Anlehnung an die Buchführung erfolgt ist (BFH v. 29.10.1987, IV R 69/85, BFH/NV 1988, 346), es sei denn, dass die beim Vermögensvergleich eingesetzten Werte ebenfalls auf Schätzungen beruhen. Die nachträglich bekannt gewordenen Umstände müssen zu einer höheren Feststellung geführt haben, wären sie bei der ursprünglichen Veranlagung bekannt gewesen (BFH v. 28.03.1985, IV R 159/82, BStBl II 1986, 120; BFH v. 30.10.1986, III R 163/82, BStBl II 1987, 161). Dies ist z. B. bei einem gegenüber den früher geschätzten Gewinnen unverhältnismäßig hohen Vermögenszuwachs der Fall (BFH v. 24.10.1985, IV R 75/84, BStBl II 1986, 233: nachträglich bekannt gewordene Schätzungsgrundlagen als Tatsachen). Die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit und die Höhe des hieraus ermittelten Gewinns oder Verlusts bilden einen einheitlichen Vorgang. Anderenfalls würde es zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung derjenigen Stpfl. kommen, bei denen nach vorangegangener Schätzung wegen Nichtabgabe der Steuererklärung und bestandskräftiger Festsetzung der ESt zusätzlich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb mitgeteilt werden (BFH v. 24.04.1991, XI R 28/89, BStBl II 1991, 606; BFH v. 01.10.1993, III R 58/92, BStBl II 1994, 346).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?