Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Pächter, auch der langjährige, ist regelmäßig kein wirtschaftlicher Eigentümer (RFH v. 02.09.1939, RStBl 1940, 322; RFH v. 12.05.1938, RStBl 1938, 524: Wassernutzungsrecht). Deshalb war beispielsweise auch ein Mineralgewinnungsrecht i. S. des § 100 Abs. 2 BewG – soweit das Verfügungsrecht des Grundeigentümers nicht durch bergrechtliche Vorschriften ausgeschlossen ist – grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen (BFH v. 08.03.1974, III R 150/72, BStBl II 1974, 504), weil es Ausfluss des Eigentums am Grund und Boden ist (s. § 903 BGB). Bei der Verpachtung des Mineralgewinnungsrechts ist wirtschaftliches Eigentum des Pächters nur dann anzunehmen, wenn diesem das Abbaurecht unter solchen Bedingungen überlassen worden ist, dass er tatsächlich als Inhaber mit eigener freier Verfügungsmacht über das Recht und das Vorkommen angesehen werden kann (BFH v. 13.09.1989, II R 121/86, BStBl II 1989, 963 m. w. N.; zu einem Ausbeuterecht: BFH v. 08.11.1989, I R 46/86, BStBl II 1990, 288).

 

Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein Nießbrauch begründet in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum (BFH v. 28.06.1981, VII R 141/77, BStBl II 1982, 454; BFH v. 26.11.1998, IV R 39/98, BStBl II 1999, 263: Vorbehaltsnießbrauch; BFH v. 24.06.2004, III R 50/01, BStBl II 2005, 80; dennoch AfA-Berechtigung dessen, der den Aufwand getragen hat, vgl. BFH v. 30.01.1995, GrS 4/92, BStBl II 1995, 281, 284; s. auch BMF v. 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184). Für die Zurechnung des Einheitswerts eines Grundstücks ist auch der Vorbehaltsnießbraucher nicht wirtschaftlicher Eigentümer, auch wenn der Eigentümer die Verpflichtung eingegangen ist, das Grundstück während der Dauer des Nießbrauchs nicht zu belasten (BFH v. 24.07.1991, II R 81/88, BStBl II 1991, 909). Die Gestattung, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten, begründet wirtschaftliches Eigentum des Nutzungsberechtigten am Gebäude, wenn dem Berechtigten für den Fall der Nutzungsbeendigung ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht (BFH v. 18.07.2001, X R 23/99, BStBl II 2002, 281; BFH v. 14.05.2002, VIII R 30/98, BStBl II 2002, 741) oder wenn Partner eine nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam ein Einfamilienhaus auf dem nur einem Partner gehörenden Grundstück errichten und sie für den Fall des Scheiterns der Gemeinschaft eine Auseinandersetzungsvereinbarung treffen (BFH v. 18.07.2001, X R 15/01, BStBl II 2002, 279; s. dazu Schuster, DStZ 2003, 369). Wer als Eigenbesitzer wie ein Eigentümer über ein Wirtschaftsgut verfügen kann, dessen Nutzungen zieht und Lasten trägt, ohne dass seine beliebige Nutzung durch Rechte Dritter beschränkt ist oder beschränkt werden kann, ist wirtschaftlicher Eigentümer (FG BW v. 15.01.1957, IV 359 – 362/56, EFG 1957, 290). Ohne den Übergang der Nutzungen und Lasten ist wirtschaftliches Eigentum an einem Grundstück nicht möglich (FG BW v. 09.10.1957, II 206/57, EFG 1958, 86). Ein Kaufanwärter kann wirtschaftlicher Eigentümer des Neubaues sein, wenn er neben der uneingeschränkten Nutzung auch alle Lasten des Hauses wie ein Eigentümer zu tragen hat, einschließlich der Gefahr des Untergangs; ihm steht dann die Abschreibung zu (FG Nds v. 22.02.1963, IV 126 –127/62, EFG 1963, 404). Wirtschaftliches Eigentum am Gebäude und am Grund und Boden können auseinander fallen, insbes. bei Wiederaufbau auf fremden Grundstücken (BFH v. 30.04.1954, 169/53 U, BStBl III 1954, 194; BFH v. 22.09.2016, IV R 1/14, BStBl II 2017, 171: Windkraftanlage). Es kann aber auch ein auf fremdem Grund und Boden errichtetes Gebäude unter besonderen Umständen dem Grundstückseigentümer zuzurechnen sein (BFH v. 22.06.1962, III R 163/58, HFR 1963, 161). Wirtschaftliches Eigentum kann auch in Bezug auf reale Teile eines Wirtschaftsgutes bestehen, z. B. bei Grundstücken (BFH v. 02.04.1965, VI 223/63, HFR 1965, 412) oder in Bezug auf ideelle Miteigentumsanteile (BFH v. 20.02.1953, III 9/52 U, BStBl III 1953, 74) sowie Gesamthandsanteile (BFH v. 26.06.1990, VIII R 81/85, BStBl II 1994, 645 einerseits und BFH v. 04.04.1998, XI R 35/97, BStBl II 1998, 542 andrerseits zur Scheidungsklausel bei Gesellschaftsverhältnissen). Regelmäßig ist ein Miteigentümer eines Gebäudes nicht wirtschaftlicher Alleineigentümer einer bestimmten Wohnung, solange kein Wohnungseigentum begründet ist (BFH v. 19.05.2004, III R 29/03, BStBl II 2005, 77).

 

Tz. 14

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Eine differenzierte Beurteilung erfordert die Einräumung des Nießbrauchs an Gesellschaftsanteilen, insbes. von Personengesellschaften. Ob der Nießbraucher die eigentümergleiche Stellung eines Mitunternehmers (also die Gesellschafterstellung) erlangen oder nur gewinn- bzw. verlustbeteiligt werden soll (BFH v. 09.04.1991, IX R 78/88, BStBl II 1991, 809, 813), so dass es in Bezug auf den Anteil u. U. zwei Mitunternehmer gibt, entscheidet sich nach den getroffenen Vereinbarungen (einschließlich der Stimmrechtsregelung) sowie etwaigen Zustimmungsvorbehalten des Gesellschaftsver...

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